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Wenn es nach der SPÖ geht, liegt der Ball während der EM am Ballhausplatz bei Kanzler Alfred Gusenbauer. Der übt schon.

Foto: Reuters/HERWIG PRAMMER

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Der eine, Alfred Gusenbauer, ist immerhin Sportminister, nebenbei auch Bundeskanzler, der andere, Reinhold Lopatka, ist nur Staatssekretär und muss daher zurückstecken.

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Wien – „Gusenbauer hat für die Europameisterschaft das Burgtheater gemietet“, wird in der ÖVP mit gewissem Argwohn erzählt. Das stimmt so nicht ganz. Gemietet haben das Haus am Ring, das ab 6. Juni 2008 aufgrund des Fußballturniers spielfrei sein wird, das Echo-Medienhaus und die Telekom Austria – auch um es an andere Benützer weiterzuvermitteln. Im Bundeskanzleramt überlegt man nun, sich einzumieten, wie Kanzler-Sprecher Stefan Pöttler bestätigt. Ohne zusätzliche Kosten, dafür möglicherweise mit einem Sponsor. Pöttler hat an eine Art Regierungslounge gedacht, in der die Koalitionspolitiker auch Gäste empfangen können. Der ORF überlege eine Kooperation.

Theater für 4000 Mega-VIPs

Der Name Pöttler spielt dabei eine doppelte Rolle. Geschäftsführer des Echo-Medienhauses ist nämlich Christian Pöttler, der ältere Bruder von Kanzler-Sprecher Stefan Pöttler. „Ich habe unsere Pläne aber nicht mit meinem Bruder abgsprochen“, versichert Christian Pöttler, „er ist auch nicht die Bundesregierung, sondern nur ein Sprecher.“ Weder der Kanzler noch irgendeiner seiner Mitarbeiter habe das Geschäft eingefädelt, er selbst habe mit einem Telekom-Mann die Idee geboren, das Burgtheater zu reservieren: „Wir wollen einfach Geld verdienen.“

Allein „4000 Mega-VIPs“ würden zu jedem Spiel in Wien erwartet, dazu 100.000 Fans. „Das ist wie ein Monat lang Silvesterpfad“, schwärmt Pöttler, „da kann man nicht nur einen Würstelstand hinstellen.“ Für die breite Masse hat Echo deshalb die Wiener Stadthalle gemietet, wo Pöttler nach Sperrstunde der Fan-Meile am Ring täglich „den größten Club Europas“ aufziehen will. Promis will der Unternehmer gemeinsam mit Sponsoren in zentralere Locations lotsen. Gesichert hat sich Pöttler dafür das Café Landtmann, die Restaurants Vestibül und Hansen, das Mozarthaus und eben das Burgtheater, das Echo an die Telekom weitervermietet hat.

„Die Telekom entscheidet, was dort letztlich genau passiert“, sagt Pöttler, der von Gesprächen mit der Regierungsinitiative „Österreich am Ball“ und der Wirtschaftskammer weiß: „Ich bin Entwickler, Mittler und Vermittler.“ Echo sei das „Verbindungsglied“ zu Institutionen wie der Bundesregierung, der Stadt Wien und Österreich am Ball, sagt Thomas Drozda. Der Geschäftsführer des Burgtheaters ist mit dem ausgehandelten Kontrakt hochzufrieden: „Uns werden die wegen der EURO entgehenden Karteneinnahmen überaus großzügig abgegolten.“

Kanzler will eine Lounge

Allerorts also große Erwartungen in die EURO 2008 – auch bei Bundeskanzler Alfred Gusenbauer. Weniger in das Abschneiden der österreichischen Nationalmannschaft, auch wenn hier die Devise „Die Hoffnung lebt“ gilt, als in die Veranstaltung selbst und die Möglichkeit zur Darstellung des Landes. Aber auch an die Inszenierung des Kanzlers darf gedacht werden. Fix ist, dass Gusenbauer das Eröffnungsspiel in Basel am 7. Juni (Schweiz gegen Tschechien) besuchen wird. Und selbstverständlich wird der Kanzler bei allen Partien der österreichischen Nationalmannschaft im Stadion in Wien live dabei sein. Zumindest dreimal wird das Team auftreten: gegen Kroatien, Deutschland und Polen. Mehr Spiele mit österreichischer Beteiligung wird es nur dann geben, wenn die Elf von Josef Hickersberger ins Achtelfinale aufsteigt, was nicht unbedingt als wahrscheinlich gilt.

Ansonsten soll der Kanzler die eine oder andere Fan-Meile aufsuchen und sich bei den Fußballanhängern blicken lassen. Werden die derzeitigen Pläne umgesetzt, wird Gusenbauer dann auch im Burgtheater Hof halten. Ob da die ÖVP mitzieht, ist noch ungewiss. Die Regierungslounge wird von den Schwarzen derzeit als Aktion der Roten angesehen. In der Volkspartei hatte man schon überlegt, als Alternative die Redoutensäle in der Hofburg anzumieten, um dort selbst Gäste empfangen und betreuen zu können. Von dieser Idee hat man schließlich wieder Abstand genommen – zu aufwändig und von fragwürdiger Sinnhaftigkeit.

Prinzipiell fürchtet man in der ÖVP, dass der Koalitionspartner die Aktion „Österreich am Ball“ in eine Art „Gusenbauer am Ball“ umwandeln könnte und alles der Inszenierung des Kanzlers unterstellt. Vizekanzler Wilhelm Molterer könnte dabei vor allem medial auf der Strecke bleiben. In der SPÖ verweist man darauf, dass Gusenbauer immerhin auch Sportminister ist, sein Engagement bei der EM daher nur gerechtfertigt sei.

Die Streitigkeiten und Eifersüchteleien der Koalition machen sich auch an vergleichsweise kleinen Dingen fest. An der Trachtenband Die Edlseer etwa. In einem ersten Konzept, das auch im Ministerrat vorgelegt wurde, war für die steirische Musikgruppe ein Posten von 150.000 Euro vorgesehen, finanziert von „Österreich am Ball“. Die Edlseer sollten mit der offiziellen Fan-Hymne beauftragt werden – und verkündeten dies auch gleich freudig auf ihrer Homepage.

ÖVP gegen die Edlseer

Bei der ÖVP stieß diese Aktion auf Skepsis. Die veranschlagte Summe schien zu hoch, auch mit der Band an sich haben die Schwarzen ihre Probleme. Die Edlseer, so erinnerten sich die Parteistrategen, waren doch jene Band, die den SPÖ-Vorsitzenden Alfred Gusenbauer in seinem Wahlkampf begleitet und mit ihren Auftritten für gute Stimmung gesorgt hatten. Also wurde im Staatssekretariat von Reinhold Lopatka interveniert. Und in der Folge das Konzept umgeschrieben.

Im zweiten, überarbeiteten Statusbericht, der im Bundeskanzleramt aufliegt, kommt die volkstümelnde Schlagercombo nur noch unter „ferner liefen“ und mit einer beträchtlich kleineren Summe vor. Von einer Fan-Hymne ist keine Rede mehr. Dafür sollen am 5. Februar, dem Faschingsdienstag, die „Edlseer am Ball“ auftreten. Bei einem Faschingsumzug in Birkfeld wird es einen Weltrekordversuch mit der größten Fan-Meile geben. Ungetrübt vom neuen Konzept wollen die Edlseer dort auch ihre „Fan-Hymne 2008“ präsentieren: „Überall auf der Welt scheint die Sonne“. Doch die Konkurrenz ist mittlerweile groß: Die offizielle österreichische EM-Hymne wird nun Christl Stürmer zum Besten geben, die UEFA hat ihr eigenes Festlied. Und auch Reinhard Fendrich darf einen Beitrag leisten.

Für weitere Misstöne um die Inszenierung der EM wäre das Burgtheater – der Eröffnungsevent ist für 7. Juni geplant – freilich die geeignete Örtlichkeit. Koalitionszwistigkeiten würden schlüssig ans Programm davor anknüpfen: Bis zum 5. Juni ist dort das Stück „Die Rosenkriege“ zu sehen. (Gerald John, Michael Völker, DER STANDARD, Printausgabe, 27.12.2007)