Vorab die guten Nachrichten für Bewerber, von denen, die es wissen müssen: Die Jobwelt ist für 45+ wieder offener und Frauen haben so gute Chancen auf gute Positionen wie noch nie. Das konstatierten die versammelten "alten Hasen" der Personalberatung beim aktuellen Karrierenforum zum Thema "Personalknappheit und neue Marktbedingungen".

"Mangel an Humanressourcen"

Inmitten eines nahezu ausgetrockneten Marktes, in dem Bilanzbuchhalter, Controller, Private Banker und Führungskräfte für Ostexpansionen so gut wie nicht zu finden sind, kamen Eva Schlader, Geschäftsführerin bei Pendl & Piswanger, Walter Schwarz, Chef der Consent, Othmar Hill, Eigentümer der Hill International, Martin Mayer, Chef der Iventa, Markus Brenner, Eigentümer seiner Brenner & Company und Maria Hochsteiner-Rohde, Beraterin in der take it-Personalberatung zusammen, um die Situation für Unternehmen und Kandidaten zu diskutieren. Dies vor dem Hintergrund immer neuer Meldungen, welche Wachstumshemmnisse der "Mangel an Humanressourcen" darstelle.

"Firmen spüren eine gewisse Verzweiflung", wie Othmar Hill formuliert, und Walter Schwarz fortsetzt: "Wenn die Konjunktur halbwegs so bleibt und die demografischen Entwicklungen 2011/2012 spürbar werden, dann wird das alles noch sehr verschärft." Aber: "Wir haben extrem viele Frauen, die wir jetzt besetzen können, das steigt stark an und das werden wir sehr bald auch in den obersten Ebenen sehen, ist er überzeugt. "Firmen müssen zunehmend mehr auf den Tisch legen, um ihre Leute zu halten", so Maria Hochsteiner-Rohde, die von echten Engpässen auch im Assistenzbereich berichtet.

Marktwert testen

Da paare sich mangelnder Rücklauf auf Stellenangebote mit zunehmender "Illoyalität" der Bewerber: "Die Leute testen oft ihren Marktwert und bekommen dann in ihrer Firma mehr." Aus Arbeitnehmersicht ja nicht verkehrt, oder? Schließlich wurden ja vor sechs, sieben Jahren Heerscharen ebendieser Positionen abgebaut, die man jetzt so händeringend besetzen will, wollen wir wissen. Martin Mayer dazu: "Nein, das ist natürlich nicht unethisch, bloß sind viele Personalverantwortliche darauf nicht eingestellt und sehen den Jobmarkt nicht als Markt."

Leer gefischt

Basis der Diskussion über die Auswege aus schnell Talente zu brauchen und vor leer gefischten Becken zu stehen, ist die gemeinsame Analyse: Nach jahrelangem "Kundenmarkt" für die Berater, in dem Firmen wählen konnten und zu wenig Augenmerk auf das Pflegen und Halten ihrer Talente verwenden durften, habe sich die Lage umgekehrt: "Jetzt haben wir einen Bewerbermarkt. High Potentials können wählen, aber auch Spezialisten können das. Firmen erhalten keine Liste von fünf Buchhaltern mehr sondern müssen froh sein, wenn sie einen bekommen", so Schlader. Bei Top-Führungsleuten sei die Situation etwas einfacher, wenngleich: Bewerber würden sich jetzt Unternehmen, ihren Ruf, so genau wie noch nie anschauen und die Forderungen an die Packages würden steigen. Es gehe nicht immer ums Geld, zunehmend um Ausbildungen und Karrierepfade.

Öffnung des Arbeitsmarktes

Expatriates finden die Berater "in Osteuropa selbst, da gibt es gute Zirkel von veränderungswilligen Leistungsträgern", sagt etwa Martin Mayer.

Obwohl: Die dringend notwendige Öffnung des heimischen Arbeitsmarktes bleibt eine brennende Forderung, auch wieder in dieser Runde. Konzerne und Banken etwa, die ihre Boards mit Osteuropäern besetzen wollen, stünden vor massiven Problemen. Markus Brenner: "Viel Potenzial aus CEE ist in den vergangenen Jahren deshalb an uns in Österreich vorübergegangen, nach Spanien etwa oder nach Großbritannien."

Entwicklungsfrage

Er sieht eine Menge Veränderungsbedarf in den Unternehmen selbst: "Organisationen müssen viel mehr bereit sein, sich den Menschen gemäß zu entwickeln statt Kästchen zu definieren und dafür die Menschen zu suchen." Einhellig die Runde: Die gesuchten Profile seien oft sehr eng und es bestehe noch immer die Erwartung, dass sich "das perfekte Profil" melde. Da liege es doch aber am Berater, eben zu beraten? Ja, so die Runde, und wie gut dieser partnerschaftliche Prozess funktioniere liege am Vertrauensverhältnis, was sie die Versammelten auch aufgrund ihrer so langen Erfahrung zu Gute schreiben.

Unwidersprochen blieb erwartungsgemäß die notwendige weitere Qualifizierung und Aufwertung der Personalverantwortlichen als Querschnittsfunktion im Unternehmen. "Da geht es um Menschenmanagement und um Strategie", sagt Hill. Mayer hebt die strategische Bedeutung des Personalbereichs hervor.

Zu wenig Erfahrung

Und das Recruiting? Oft säßen dort sehr junge Menschen, die wohl gut ausgebildet aber vielleicht noch nicht erfahren genug seien. Da gelte es, Ressourcen zur Verfügung zu stellen. Dass es Unternehmen nicht erspart bleibe, mehr Ressourcen, mehr Geld, für Suche und Auswahl in die Hand zu nehmen, konstatieren alle Versammelten. Schwarz: "Die guten Leute am Markt werden nicht mehr, auch nicht, wenn sich die Konjunktur jetzt verflacht." Da sieht die Runde auch ziemliche Defizite in der Nachfolgeplanung - dies auch wieder im Zusammenhang mit zunehmender "Illoyalität" der Mitarbeiter. Obwohl: Wenn die Unternehmenskultur stimme, dann gebe es auch solche Probleme höchstens vereinzelt.

Dass Laufbahnplanung wieder "modern" werden solle, steht ebenso auf der Wunschliste wie längerfristig strategisches Talentemanagement in den Unternehmen. Positiv zu bemerken sei diesbezüglich, dass Trainee-Programme nun wieder greifen.

Förderung und Entwicklung bestehender Mitarbeiter rücke auch ins Zentrum, rund um das Schlagwort der "Retention".

"Generationenwandel"

Schlader berichtet: "Gute Unternehmen agieren auch so, dass sie sich die Guten schnappen, wenn sie zu bekommen sind, nicht erst, wenn sie dringendst gebraucht werden." Hochsteiner-Rohde sieht in ihrem Bereich den Prozess des Umdenkens der Arbeitgeber erst am Anfang: "Bewerber sind keine Bittsteller, es geht um Einbeziehen, um Identifikation." Klar "unterschrieben" wird von der Runde: Abseits der noch bestehenden Hochkonjunktur ist der Arbeitsmarkt geprägt von einem "Generationenwandel":

Die Jungen gut Ausgebildeten wollen nicht mehr so arbeiten, wie sie das bei ihren Eltern sehen und kommen finanziell viel abgesicherter in den Markt. Sie sind nicht mehr bereit, alle Opfer für die Karriere zu bringen und für diese Generation sei Work-Life-Balance nicht bloß irgendein Schlagwort. (Karin Bauer, DER STANDARD, Printausgabe, 22./23.12.2007)