Dean & Britta: "Back Numbers" (Zoe Records 2007)

Coverfoto: Zoe Records
While you were sleeping I caught you dreaming ... - von Anfang an befindet sich "Back Numbers" in einem hypnotischen Schwebezustand, und am besten hört man sich die Platte Nachts (allenfalls noch Sonntagmorgen im Bett, wenn man sich den Schlaf noch nicht aus den Augen gerieben hat) an: Grelles Licht verträgt sie nicht.

[Exkurs: Hypnotisch war schon das Stichwort für Dean Warehams erste Band Galaxie 500, die - damals, Ende der 80er Jahre - mit atmosphärischem Sound neue Dimensionen der Langsamkeit erschloss; noch strikt auf Gitarrenbasis. Auf Galaxie 500 folgte in den 90ern Luna und erstes Liebäugeln mit leichter verdaulichen Sixties-Klängen - Britta Phillips schloss sich der Band 2000 als Bassistin an, fünf Jahre vor dem Split. Die Chemie zwischen Wareham und Phillips passte, 2003 veröffentlichten sie als Seitenprojekt eine erste Platte als Duo ("L'Avventura"), die zur stilistischen Huldigung an Nancy Sinatra & Lee Hazlewood geriet und nun, nach dem Ende von Luna, als neues Hauptprojekt Warehams ihre Fortsetzung findet. Liest sich wie die natürlichste musikalische Evolution, die man sich vorstellen kann? Ist es im Großen und Ganzen auch.]

---> Video-Link: "Night Nurse" (2003)

Erstaunlich, dass das mit gut drei Jahren Abstand erschienene Nachfolgealbum zu "L'Avventura" hierzulande relativ unbemerkt geblieben ist (ist schon eine ganz schöne Zeit auf dem Markt, hab's aber selbst erst vor kurzem im Plattengeschäft meiner Wahl entdeckt) - immerhin wurde "Back Numbers" wie schon sein Vorgänger von Tony Visconti produziert, der eigentlich dafür bekannt/berüchtigt ist, aus eigenständigen Klangideen das verwertbare Pop-Potenzial herauszukitzeln.

... was sich in einem, verglichen mit "L'Avventura", gestreamlineten Sound niederschlägt. 2003 standen noch elektronische Experimente neben superklassisch gehaltenen Neo-Oldies inklusive schwülstigem Streichquartett; unvergessen: "Night Nurse", das Nancy & Lee in deren allersphärischsten Momenten, etwa "Ladybird", gleichkam. Insgesamt eine disparate, aber auch sehr reizvolle Mischung. Auf "Back Numbers" sind die Stücke deutlich näher miteinander verwandt: Gitarre (Dean) und Bass (Britta) als Basis - dazwischen, darüber und darunter schieben sich Lagen aus pastellenen Keyboard-Sounds (verantwortlich dafür: Peter Kember alias Sonic Boom von der einstigen Psychedelia-Band Spacemen 3). Alles überaus harmonisch und gekrönt von den unendlich sanftmütigen Vocals direkt aus dem Zuhause des Ehepaars Wareham/Phillips in die Schlafzimmer der Welt übertragen.

---> Video-Link: "Words You Used To Say" (2007)

Die Variationen stecken im Detail: "Say Goodnight" ist als fröhliches Country-Schlummerlied gehalten, "You Turned My Head Around" (ein Hazlewood-Cover) wagt sich im inbrünstigen Refrain - Baaaaaabie-hieee!! - einen Schritt in Sixties-Girlgroup-Emphase hinein, das einleitende "Singer Sing" trennt feinsäuberlich die Soundelemente auf und lässt auf zwei elektronisch untermalte Strophen ein abschließendes Aufheulen der Gitarre folgen. Kleine Ausschläge insgesamt - nicht stärker als das Geräusch der Meereswellen, die im abschließenden "Our Love Will Still Be There" an den Strand spülen.

Geschmackssichere Coverversionen haben Dean & Britta seit jeher als zentralen Bestandteil ihrer Musik verwendet. Auch diesmal sind einige vertreten: relativ unbekannte Songs von Donovan, Hazlewood und den Troggs. - Dabei sind das nicht einmal die interessantesten Stücke, die Eigenkompositionen übertreffen sie eindeutig - selbst in Sachen Nostalgie. Oder klingt "The Sun Is Still Sunny", das Lied der musizierenden Wandersleut, etwa nicht wie ein gerade in den Archiven wiederentdeckter Nancy & Lee-Klassiker?

Ein Album von und für Menschen, die langsam aus den 30ern in die 40er gleiten, die für Adult Contemporary Music empfänglich werden, das in ihrer Independent-geprägten Jugend erworbene Stilgefühl aber nicht ablegen wollen. Keine kleine Zielgruppe, aber eine wenig umworbene - Dean & Britta werden wohl weiter ein Geheimtipp bleiben. (Josefson)