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Landeshauptfrau Gabi Burgstaller ist für eine jährliche Erhöhung des Pflegegeldes. Die SPÖ-Politikerin tritt auch für eine Pflegeversicherung ein und fordert mehr Geld für die Sozialversicherung.

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STANDARD: Sie haben vor wenigen Wochen in Salzburg eine Regierungsumbildung vorgenommen. Steht Ihr Team jetzt für die nächste Wahl?

Burgstaller: Ja, davon gehe ich aus. Wenn es nicht irgendwelche Überraschungen gibt, mit denen man immer rechnen muss, haben wir die Weichen für die Zukunft gestellt.

STANDARD: Regulärer Wahltermin in Salzburg wäre 2009. Ist auch 2008 denkbar?

Burgstaller: Nein. Fünf Jahre zu arbeiten ist ohnedies eine enge Phase, um große Veränderungen umzusetzen. Am 1. März 2009 ist unser letztmöglicher Wahltermin, und den peilen wir auch an.

STANDARD: Die Regierungsarbeit scheint auch in Salzburg schwierig. Gibt es einen Automatismus, dass Sie wieder mit der ÖVP koalieren?

Burgstaller: Es gibt keinen Automatismus. Grundsätzlich gehöre ich aber zu den Menschen, die eine breite politische Zustimmung suchen. Wir sollten versuchen, den Ausgleich innerhalb der Gesellschaft zu suchen. Und den findet man am ehesten, wenn viele Kräfte zusammenarbeiten. Ich betone aber das Wort "zusammen". Da hapert es bei der ÖVP manchmal.

STANDARD: Das heißt, wenn weiter gestritten wird, suchen Sie sich einen anderen Koalitionspartner?

Burgstaller: Zuerst entscheiden die Wähler. Wenn sie mehrere Möglichkeiten offenlassen, ist wesentlich, wo man das Beste für Salzburg rausholen kann. Da wird man mit allen Parteien Gespräche führen.

STANDARD: Bei der letzten Gesundheitsreform wurden Plattformen eingerichtet, die für eine bessere Planung zwischen Spitälern und niedergelassenen Ärzten sorgen sollten. Offenbar funktioniert das aber nicht.

Burgstaller: Die Plattformen sind Einrichtungen, wo alles auf der Basis von Freiwilligkeit passiert. Obwohl der Grundsatz Kooperation richtig ist, braucht es aber manchmal klare Entscheidungen, einen Letztverantwortlichen.

STANDARD: Wer soll das sein?

Burgstaller: Ich gehöre nicht zu den Landespolitikerinnen, die sagen:_alle Macht zu mir. Regionalpolitische Detailentscheidungen sollten in den Ländern und Regionen erfolgen. Aber die Grundsätze sind bundeseinheitlich zu bestimmen. Diese Form von neuer Arbeitsteilung sollte bei der Staatsreform angegangen werden

STANDARD: Die Krankenkassen haben massive Finanzprobleme. Wirtschaftskammer-Chef Leitl plädiert dafür, nicht nur den Faktor Arbeit zu belasten, sondern auch Mittel aus dem allgemeinen Steuertopf in Form von indirekten Steuern für die Kassen zu verwenden.

Burgstaller: Bei indirekten Steuern denkt jeder zuerst an die Mehrwertsteuer. Die ist in Österreich aber ohnehin relativ hoch und belastet die mehr, die weniger verdienen, weil sie alles ausgeben, was sie verdienen. Ich glaube, es ist sinnvoll, wenn wir über die Einbeziehung von Vermögen nachdenken. Auch in der Wirtschaft ist eine Wertschöpfungsorientierung für viele ein Riesenthema. Hier sollten wir bei der nächsten Steuerreform einen neuen Anlauf starten.

STANDARD: Den Krankenkassen fehlt aber jetzt schon das Geld.

Burgstaller: Die SPÖ hat einen ganzen Maßnahmenkatalog, den die ÖVP aber bei den Regierungsverhandlungen abgelehnt hat. Es geht darum, dass man den Sozialversicherungen ihren Anteil zurückgibt, den sie durch Maßnahmen der letzten Regierungen verloren haben. Da geht’s um Neuerungen bei der Finanzierung des Wochengeldes, um die gesamte Refundierung der Mehrwertsteuer auf Medikamente, um ungerechte Dinge bei der Arbeitslosenversicherung. Wenn man das den Sozialversicherungen fair refundiert, sind die finanziellen Probleme wesentlich geringer.

STANDARD: Sollen diese Maßnahmen bereits im Jahr 2008 umgesetzt werden?

Burgstaller: Ja, ich denke, es ist höchste Eisenbahn, dass etwas passiert. Es sind zwar die Sozialversicherungsbeiträge leicht angehoben worden. Das ist für viele Kassen aber nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

STANDARD: Kanzler Alfred Gusenbauer sagt aber, es gibt kein Geld des Bundes mehr.

Burgstaller: Ich habe den Bundeskanzler so verstanden, dass er nicht das gesamte Loch der einzelnen Kassen wie Wien und Niederösterreich stopfen kann. Darüber hinaus ist es aber natürlich eine Frage, wie man die Gesamtsituation aller Kassen verbessert.

STANDARD: Wie kann man die Pflegefrage ins Gesundheitssystem aufnehmen? Soll es eine allgemeine Pflegeversicherung geben?

Burgstaller: Also ganz ehrlich: Wir werden das Problem nicht durch staatliche Zuzahlungssysteme in den Griff kriegen. Wir brauchen eine verpflichtende Pflegeversicherung. Aber es muss uns klar sein: Das kann nicht über den Faktor Arbeit finanziert werden. Da braucht es neue Finanzierungssysteme, eben in Richtung Verbreiterung der Einnahmen durch Vermögensbestandteile.

STANDARD: Laut Regierungsprogramm soll das Pflegegeld nur einmal in vier Jahren erhöht werden. Ist das nicht ein bisschen wenig?

Burgstaller: Aus Sicht der Landespolitikerin muss ich mich über jede Valorisierung freuen, weil wir dann weniger Abgänge in den Pflegeeinrichtungen haben. Aber natürlich steigen die Ausgaben für Pflege. Und da braucht es eine parallele Entwicklung beim Pflegegeld. Im Grunde ist das etwas, was laufend angepasst gehört. Das wäre wünschenswert.

STANDARD: Ab 2008 gibt es vom Bund jährlich 15 Millionen Euro zum Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen – aber nur, wenn die Länder nochmal den gleichen Betrag bereitstellen. Wird das Salzburg machen?

Burgstaller: Wir wollen das gesamte Geld vom Bund abholen. Dazu braucht es aber klare Richtlinien, dass wir auch für die Kleinsten – und für die ist es gedacht – hochwertige Plätze anbieten können. Was ich mir wünsche, ist, dass man die Städte und Gemeinden als Partner nicht vergisst. Mit denen wurde zu wenig verhandelt. (Günther Oswald/DER STANDARD, Printausgabe, 31.12.2007)