Graz - Die Aussage des Grazer Bürgermeisters und ÖVP-Spitzenkandidaten Siegfried Nagl, er könne sich die Grünen als künftigen "Regierungspartner" vorstellen, sorgte im Wahlkampf-Waffenstillstand zwischen Weihnachten und Silvester für ein kurzes Aufhorchen seiner Konkurrenten.

Doch das Bild einer schwarz-grünen Koalition verglühte schneller als eine Silvesterrakete. Die Spitzenkandidatin der Grazer Grünen, Lisa Rücker, hält Nagls Werben nämlich für ein "rein strategisches Signal". Im Gespräch mit dem Standard vermutet Rücker, dass "die Berater des Bürgermeisters verzweifeln, weil Leute, die offen und liberal gesinnt sind, mit Nagl als Person ein Problem haben und daher als ÖVP-Wähler abspringen".

Trotzdem habe man bei der bislang in der Opposition festsitzenden Stadtpartei keine Angst vor Verhandlungen, denn: "Regieren wollen wir. Aber nicht um jeden Preis. Nur wenn wir eine gestärkte Position von über zehn Prozent haben." Zudem sei man bei Themen wie Umweltschutz oder Gesellschaftspolitik Welten voneinander entfernt. Wie solle man etwa einen ÖVP-Kulturstadtrat wie den Polizisten und "Law-and-Order-Mann Werner Miedl" (Rücker) und die Grünen-Kultursprecherin Christina Jahn, die sich mit Hausbesetzern für ein autonomes Kulturzentrum einsetzt, unter einen Hut bringen? Auch Nagls Engagement in Sachen Feinstaubbekämpfung ist Rücker zu wenig: "Er forderte im Gemeinderat noch vor zwei Jahren einen Ausbau der Ölheizungen für Graz. Er sagt immer, er sei lernfähig, aber man merkt davon wenig."

Rote Funkstille

Was die SPÖ angeht, so sieht Rücker auch in einer rot-grünen Koalition nicht unbedingt weniger Probleme, doch solche Überlegungen seien derzeit noch überflüssig, denn: "Die SPÖ sendet gar keine Signale an uns. Die sind immer nur beleidigt."

Überraschend war Nagls Werben um die Grünen für die SPÖ vor allem darum, weil die ÖVP in den letzten Monaten auf Inserate mit dem gesamten Regierungsteam - samt SP- und KPÖ-Stadträten - gesetzt hatte. Nagl hatte seine Gegner dabei quasi für den eigenen Wahlkampf eingespannt. (Colette M. Schmidt/DER STANDARD, Printausgabe, 3.1.2008)