Still aus Ergin Cavusoglus Video "Empire (after Andy Warhol)".

Foto: Open Space

Ausstellungsansicht von "The Temporary Zone". Im Bild: Peter Mörtenböcks und Helge Mooshammers "Visiting Stalin".

Foto: Open Space
Bereits ein paar Meter vor der unscheinbaren Eingangstüre des Open Space - Zentrum für Kunstprojekte locken die Rufe des Muezzins aus Ergin Cavusoglus Video Empire (after Andy Warhol) in das neu eröffnete Kellergewölbe: Die Sonne beginnt langsam vorbeiziehende Wolken zu beleuchten, Minute für Minute werden die Umrisse eines seltsamen Wohnblocks sichtbar, der sich schließlich bei Tagesanbruch als Minarett entpuppt und die Lichter der Nacht, die es zuvor so diffus erscheinen ließen, einfach abwirft.

Im Vergleich zu Andy Warhol, der über acht Stunden lang das Empire State Building mit einer einzigen Kameraeinstellung filmte, steht bei Cavusoglu weniger die strukturelle Frage nach dem Medium Video/Film im Vordergrund der Arbeit. Das Thema Übergang in seinen zahlreichen Facetten, Grenzüberschreitung und der kollektive und sozialräumliche Ausstausch sind gleichzeitig die rote Linie in der Eröffnungsausstellung The Temporary Zones sowie im Grundkonzept des neuen Raumes, der sich in einem unprätentiösen Hinterhof der Taborstraße befindet und von Gulsen Bal geleitet wird.

Kulturelle Hybridisierung

Die Fotoinstallation Visiting Stalin von Peter Mörtenböck und Helge Mooshammer (beide Begründer von www.networkedcultures.org) geht auf eine Entdeckungreise durch die unzähligen Geschichten um das Gelände des ehemaligen Stalin-Stadions in Moskau. Der Markt, der sich auf einer dreimal so großen Fläche ausbreitet wie der Kremel, versorgt Russlands Neureiche ebenso wie Migranten und lässt - täglich neu - ein soziales Gewebe entstehen, das genau dort seinen Ort kultureller Hybridisierung gefunden zu haben scheint.

In der Videoreihe The Rights von Nada Prlja lesen Kinder die europäische "Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten" vor. Die in Sarajevo geborene und in London lebende Künstlerin fokussiert mit ihren Videoportraits von serbischen, mazedonischen, rumänischen Kindern jene Prozesse, die hinter den Grenzen eines "Neuen Europa" ablaufen und sich häufig zwischen Theorie und Praxis abspielen.

Der Open Space stellt sich zur Aufgabe, verschiedene Felder kreativer Praxis zusammenzuführen, wie die Direktorin Gulsen Bal bei der Eröffnung von The Temporary Zones feststellt. Dialog, Kooperation, kulturelle Vielfalt und die Förderung von Mobilität stehen auf den Agenden des diskursiven und gesellschaftspolitischen Programms. Ob die hoch gesteckten Ziel von der Theorie in die Praxis übersetz werden und mit dem Raum ein Bindeglied zwischen den Regionen Europas entsteht, bleibt abzuwarten. Die Eröffnungsausstellung ist jedenfalls, trotz ihrer beschaulichen 60 m2, ein gelungener Auftakt und der zweite Bezirk auch der passender Ort dafür. (fair, derStandard.at/15.01.2007)