Auf den Ausschank der Getränkesteuer haben die Wirte vergeblich gewartet. Der Lebensmittelhandel macht sich dagegen berechtigte Hoffnungen auf eine baldige pauschale Abgeltung der EU-widrig eingehobenen Abgabe.

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Nach jahrelangen Massenverfahren ist nun eine versöhnliches Ende im Streit um die Getränkesteuerrückzahlungen in Sicht. Die Gemeinden sollen dem Handel 15 Prozent der Abgabe refundieren und dafür die Prozesslawine stoppen.

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Wien - Der Lebensmittelhandel kann kurz nach Neujahr noch einmal die Sektflaschen einkühlen. Nach den jahrelangen Auseinandersetzungen um die Rückzahlung der EU-widrigen Getränkesteuer wurde ein Handel mit den Gemeinden ausgeschnapst, der eine pauschale Rückzahlung der Abgabe vorsieht. 15 Prozent der offenen Rechnungen sollen von den Kommunen beglichen werden, auf weitere Forderungen verzichten die Händler.

Diese Formel stand im Zentrum der geheimen Verhandlungen in der vergangenen Wochen, die in einem Spitzengespräch von Finanzminister Wilhelm Molterer, Wirtschaftskammerchef Christoph Leitl und Wiens Finanzstadträtin Renate Brauner gipfelten. Endgültig unter Dach und Fach ist das Geschäft noch nicht, verlangt doch der Städtebund vom Bund eine Kompensation für die Aufwendung. Die Belastung wird von Experten mit 30 Mio. Euro beziffert.

Der Streit dauert nun fast acht Jahre, als im März 2000 der Europäische Gerichtshof die Getränkesteuer auf Alkoholika wegen Gemeinschaftswidrigkeit gekippt hatte. Darauf witterten Händler und Wirte, welche die Getränkesteuer an die Gemeinden abgeführt hatten, die Chance auf Rückzahlung der Abgabe für die Zeit seit dem EU-Beitritt im Jahr 1995. Doch so einfach war die Sache dann doch nicht. Der Verwaltungsgerichtshof wurde gleich mehrfach mit der Angelegenheit befasst, in der es um Rückzahlungen von potenziell 1,2 Mrd. Euro geht. Ursprünglich gab er vor, die Steuer sei zurückzuzahlen, wenn die Getränkesteuer nicht an den Konsumenten "überwälzt" worden sei. Hintergrund: Wenn die Abgabe einfach weitergereicht wurde, könnten die Betriebe keine Rückzahlung beanspruchen.

"Bereicherung"

Daraufhin versuchten die Gemeinden, den Wirten diese unerlaubte "Bereicherung" nachzuweisen. Parallel dazu machten sich nicht wenige Bürgermeister daran, von den Gaststätten Verzichtserklärungen einzufordern, was die Wirtschaft als glatte Einschüchterung qualifizierte. Doch die Wirte blieben großteils ohnehin auf ihren Forderungen sitzen. In einem neuerlichen Erkenntnis stufte der Verwaltungsgerichtshof die Getränkesteuer in Wirtshäusern tendenziell als Dienstleistung ein, bei der keine Rückforderung zulässig sei. Es sei denn, der Betrieb weise nach, dass der Verkauf des Getränks im Vergleich zu Bedienung, Raummiete und anderen Dienstleistungen im Gastgewerbe überwiege.

Blieb also der Lebensmittelhandel übrig, im dem allein hunderte Verfahren anhängig sind. Seit geraumer Zeit wird an einem Kompromiss gewerkt, der nun weit gediehen ist. Allerdings gibt es immer noch einen ungelösten Punkt, der aber bis nächste Woche erledigt werden soll, wie am Montag aus Verhandlerkreisen zu hören war: Die Gemeinden pochen auf eine Entschädigung für die Refundierung der Händler und stützen sich dabei auf einen Passus im innerstaatlichen Stabilitätspakt, wonach es für finanziell nachteilige Höchstgerichtsurteile eine Kompensation des Bundes geben soll.

Das Finanzministerium beruft sich wiederum auf einen Extraanteil an der Umsatzsteuer zu Gunsten der Gemeindekassen, der als Ersatz für den Ausfall der Getränkesteuer eingeführt worden war. Trotz dieses offenen Aspekts wird in der Handelbranche bereits von einem Durchbruch gesprochen wird. Sollte sich diese Interpretation bis März bestätigen, wäre der Streit rechtzeitig zum achten Jahrestag des EuGH-Urteils beigelegt. (Andreas Schnauder, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 15.01.2008)