Wien - Laut Kontrollamt übt jeder dritte Arzt des Wiener Krankenanstaltenverbunds (KAV) eine Nebenbeschäftigung aus, unter den Primarii und Direktoren sind es sogar 89,7 Prozent. Im aktuellen Kontrollamtsbericht wird das heftig kritisiert. Bei 21 Ärzten soll mit dem Nebenjob ein "auffallend hoher Zeitaufwand" einhergegangen sein. Die Nebenbeschäftigungen behinderten zudem die Flexibilisierung der Arbeitszeiten, so die Kritik.

KAV-Generaldirektor Wilhelm Marhold sagte am Dienstag dem Standard, dass die Flexibilisierung inzwischen weiter fortgeschritten sei als im Bericht angegeben: 38 Prozent der klinischen Abteilungen hätten nun ein System, in dem Ärzte nicht mehr nur wochentags zwischen 8 und 13 Uhr arbeiten, sondern die Arbeitsstunden auch später absolvieren könnten. Im Kontrollamtsbericht war von lediglich rund sechs Prozent umgestellter Abteilungen die Rede. Bis Ende 2008 soll es laut Marhold die Hälfte sein. Dadurch könne dann auch bis 18 Uhr operiert werden. Eine Einschränkung der Nebenbeschäftigungen sei aber nicht vorgesehen. "Die Nebenbeschäftigungen werden sich auf andere Zeiten verlagern, aber ich bekenne mich dazu, dass wir Top-Ärzte wollen, und diese sollen auch im privaten Bereich tätig sein können", erläuterte Marhold.

"Nicht Dienstablauf stören"

"Die Nebenbeschäftigungen werden nun zentral von der Generaldirektion im Zwei-Jahres-Abstand überprüft und dürfen nicht den Dienstablauf stören", sagte SP-Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely dem Standard. "Zudem dürfen von den Ärzten für ihre Privatordination nur Verträge mit kleinen Krankenkassen abgeschlossen werden."

Zum Arbeitsalltag der Ärzte gehört seit kurzem auch ein System für Risikomanagement, das der KAV Montagabend präsentierte. In einem Fehlerberichtssystem können Mitarbeiter Sicherheitslücken anonym melden. Eigens dafür geschulte Mitarbeiter müssen dann Lösungen dafür finden. Außerdem gibt es im Intranet eine "Erfahrungsdrehscheibe", bei der anonym Sicherheitslücken bekanntgegeben und Erfahrungen ausgetauscht werden können.

Transparenz soll auch in die Wartelisten für Operationstermine kommen: Derzeit wird an der Umsetzung von einem träger- und einem abteilungsübergreifenden Konzept gearbeitet. Sollte sich in Zukunft jemand für eine Operation an zwei Spitälern anmelden, soll das System das erkennen und ausmerzen.

VP-Gesundheitssprecherin Ingrid Korosec meint zu den Ankündigungen des KAV, es werde "viel schöngeredet". Im Grunde würden Änderungen zu lange dauern und zu viel kosten. "So lange es geht, wird ignoriert und verharmlost", kritisierte Korosec. (Gudrun Springer, DER STANDARD Printausgabe, 23.1.2008)