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Fed-Chef Bernanke stoppt den Kursrutsch an den Börsen - fürs erste zumindest.

Foto: Reuters/Jim Young
"Im Zweifel kann die US-Notenbank (Fed) die Dollarpresse beliebig rotieren lassen und notfalls die Dollarscheine mit dem Helikopter abwerfen, um die Wirtschaft anzukurbeln." Mit diesen markigen Worten hat Fed-Chef Ben Bernanke im Jahr 2005 die Schlagrichtung der Zentralbank festgelegt und sich damit den Spitznamen "Helicopter-Ben" gesichert. Gestern ist der Tag gekommen, wo Bernanke quasi genau das getan hat.

Der Wirtschaft steht das Wasser bis zum Hals, der Helikopter bleibt allerdings in der Garage. Das Geld wirft er im übertragenen Sinn auf den Markt - er senkt den Leitzins. Zum vierten Mal in Folge, diesmal stärker denn je, um 0,75 Basispunkte auf 3,5 Prozent. Erstmals seit 2004 liegt der amerikanische Leitzins damit unter dem der Europäischen Zentralbank (EZB). Hier liegen die Zinsen stabil bei 4,0 Prozent. Noch. Dank dieser Maßnahme können die Banken wieder günstig an frisches Geld kommen, was sie vor dem Hintergrund der Hypothekenkrise aktuell besonders nötig haben, um wieder billigere Kredite zu vergeben, was wiederum Unternehmen motiviert, zu investieren. Die Märkte reagierten prompt und schossen nach den herben Vortagesverlusten in Richtung positiver Zahlen.

Dass sich die Kreditkrise dennoch zu einer echten Rezession auswachsen könnte, liegt auch an der Wirtschaftspolitik der Regierung Bush. George W. Bushs Vorgänger Bill Clinton hatte noch einen Haushaltsüberschuss hinterlassen, dann aber kam der 11. September und mit ihm der Kampf gegen den Terror und der Irak-Krieg. Dazu verteilte Bush Steuergeschenke an die Industrie und Großverdiener. Seither klafft im Staatshaushalt der USA ein gigantisches Loch von mehreren 100 Milliarden Dollar jährlich. Dazu kommt ein enormes Haushaltsdefizit: Allein im Jahr 2006 lag es bei über 700 Milliarden Dollar.

Notenbank und Politik haben also allen Grund die Konjunktur zu stützen, selbst wenn das von Bush in Aussicht gestellte Hilfsprogramm vermutlich zu spät kommt.

Und was macht die EZB? Noch vermittelt sie den Eindruck, dem US-Beispiel der Zinssenkung nicht zu folgen. Möglicherweise wird ihr aber nichts anderes übrig bleiben. Mit den klaren Anzeichen einer globalen Wirtschaftsabschwächung gerät die EZB unter Druck zu reagieren. Auch wenn Europa in erster Linie nicht der Konjunktur, sondern der Stabilität verpflichtet ist, steht zu befürchten, dass sie bereits in absehbarer Zeit die Zinsen lockern wird. Das Ergebnis wird man in ein, zwei Jahren sehen, wenn die Inflation so richtig ins Traben gekommen ist. (derStandard.at, 23.1.2008)