Kirchensteuer anno 1600: Bei Pieter Breughel d.J. durfte man den Zehent noch mit Eiern und Geflügel begleichen. Im Angebot von de Voldère (Paris).

Foto: Voldère

Brüssel – Es war ein Prachtstück von einem chinesischen Mauerfragment, das ehemals den Palast eines Mandarin umzäunte. Die aktuelle Station: Tour & Taxis, der Veranstaltungsort der ältesten Kunst- und Antiquitätenmesse Europas und 53. Foire des Antiquaires, noch bis zum 27. Jänner. Die in Stein festgehaltene Tierfigur und die seltsamen Blumenranken, was es damit auf sich hat? Die lapidare Antwort des Händlers: "Verkauft." Beeindruckt führt man die Exotik ins Rennen, weil ja mit nichts aus dem europäischen Raum vergleichbar. Solches Nachfragen wird ignoriert, verhökert ist verhökert, jedes weitere Wort zum Stück Zeitverschwendung, schließlich stehen noch zehn Öffnungstage bevor. Für einen Moment ist man ob derlei Informationsverweigerung verwirrt, man denkt an die Tefaf in Maastricht, zieht Bilanz und weiß, das ist und wird dort niemals passieren.

Antworten scheinen hier vom Budget oder dem reinen Kaufwillen abhängig. Die Frage nach dem Wert bleibt unausgesprochen, die nach der Käufernation wird diplomatisch verschnürt vorgebracht. "An einen Scheich", brummt Karim Grusenmeyer, in Brüssel ansässiger Spezialist, und meint wohl den einzigen zu diesem Zeitpunkt in Kaschmir-Zobel verpackten Saud al Tani, der samt Leibwächtern durch die Gänge streift.

Andere der insgesamt 130 Aussteller – in der Mehrheit aus Belgien (62) und Frankreich (41), weiters aus Deutschland (22), Spanien, Italien, den Niederlanden und der Schweiz – sind auskunftsfreudiger. Etwa Florence de Voldère (Paris): Sie hält eine lange Zeit verschollene und ehemals in der Sammlung Goudstikker beheimatete Jahresfolge von Ludwig Rem im Angebot.

Noch 1930 waren die zwölf Monatsdarstellungen komplett, dann kam der Zweite Weltkrieg, aber als die Alliierten sie aus den für Göring reservierten Kunstwerken wiederfanden, fehlten die Monate Dezember und Februar. In den vergangenen Jahren waren sie einem Museum in Herzogenbusch als Leihgaben ausgestellt – jetzt kann man sie für 1,4 Millionen Euro erwerben. Ebenfalls bei de Voldère findet sich eine detailreiche Schilderung aus dem alltäglichen Leben des 16. Jahrhunderts: Bezahlung des Zehents benannte Pieter Breughel d.J. das knapp 75 mal 125 cm große Tafelbild.

Insgesamt verzeichneten die Aussteller am ersten Wochenende gute Verkäufe. Bei den deutschen Kollegen überwog die eigene Klientel, die unter dem Druck drohenden Verkaufs in Brüssel etwas schneller als sonst entschied. Der Spartenmix ist hier ausgewogener als bei Messen in Österreich, traditioneller und deutlich vielseitiger.

Daraus resultiert ein für mehrere Einkommensklassen realistischer Erschwinglichkeitsgrad, wie ihn vergleichbare Messen – auch in Österreich – kaum noch bieten. Und dies ganz ohne das Kriterium der Qualität außer Acht zu lassen. Die Anzahl der Besucher dürfte an die Bilanz des Vorjahres anknüpfen, da waren es 35.000.

Das ist die andere Seite der belgischen Hartnäckigkeit, sich auch von Kyrill nicht vertreiben zu lassen, der den Ausstellern 2007 Teile des Kunststoffdachs um die Ohren schmiss. (kron / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 24.1.2008)