Hindernislauf Deluxe - Guido Gluschitsch im Duell mit einer Sherco 2.5

Hindernislauf Deluxe - Guido Gluschitsch im Duell mit einer Sherco 2.5

Foto: Standard/Sulzbacher

Im Winter ist das nicht ganz einfach. Ich krieg einfach keine Radln zum Testen. Gute Motorradjournalisten werden auf die Rennstrecken dieser Welt gekarrt, wo sie dann die neuen Eisen im Kreis hetzen dürfen. Aber ich? Ich könnte im Hof einen Schneemann bauen – hätte ich einen Hof und läge dort Schnee. Testradln gibt es keine. Sagt man mir jedenfalls. Ich glaub ja, dass die Händler schon einen Testfuhrpark haben, die Eisen aber nicht rausrücken wollen, weil sie zu wissen glauben, dass ich ihre Krapfen um die Erd hau.

Und da, grad in meinem größten Frust, fällt mir der Weichenberger Bernhard ein. Importeur für Sherco. Der kennt mich noch nicht und ich wollt eh schon immer einmal eine Sherco testen. Schauen, ob stimmt, was manche im Trialgeschäft sagen. Nämlich dass zuerst Gas Gas kommt und dann lang nix. So wie bei den Choppern. Harley und aus. Oder Siemens bei den Küchengeräten – bis dann halt der Bauknecht kam, der wusste was Frauen wünschen. Oder die Japaner, die große V2-Motoren in ganz viel Eisen bauten und das so, dass die Cruiser auf einmal auch gefahren werden konnten – bis allen zusammen dann Triumph gezeigt hat, was eine Rakete ist. Drum, was ist eine Sherco im Vergleich zum ideologischen Platzhirschen?

In Echt ist das nämlich so. Der Sherco-Chef war einmal bei Gas Gas. Und die Leute dort sind streitert geworden. Was weiß ich, vielleicht wollt einer kein Sitzbankl und der andere dann auch kein Heckflügerl. Ist ja wurscht. Jedenfalls ist einer gegangen und hat gesagt „Ich mach alles besser und ich mach Sherco“. Das erklärt, warum die Radln der beiden Marken ziemlich ähnlich sind, wenn man sie anschaut. Beide haben das Hupferte in sich. Die Montesas sind was zum Fahren, Gas Gas und Shercos sind was zum Springen.

Der Weichenberger Bernhard, der ja nicht weiß, dass ich selber eine Gas Gas besitze, stellt mir gleich eine Sherco zur Verfügung. Und er hat vorab gar nicht geschimpft, dass ich sie nicht umhauen darf. Sag ich ja, der kennt mich nicht.

>>>Ruhm und Ehre

 

Die Sherco 2.5, die mir der Weichenberger da gibt, hat es in sich. Sogar in den Details. Wave Discs bei den Bremsscheiben. Schaut edel aus. Wie die Sherco überhaupt die schönste Trial ist, die ich je gesehen habe. Aber das sag ich jetzt natürlich eigentlich eh nicht, weil das wäre wertend. Deswegen reden wir lieber über den Rahmen. Der ist angeblich komplett von der Cabestany-Werksmaschine übernommen. Der Cabestany ist der Sherco-Fahrer, der die Gas Gas- und Montesa-Buben manchmal bei den WM-Läufen ärgert – aber halt auch ganz oft von ihnen geärgert wird. Aber was für den Herrn Cabestany gut genug ist, sollte auch für mich reichen.

Weniger als 70 Kilo bringt die Sherco 2.5 auf die Waage. Dazu gibt es 2008 eine neue Ceriani-Gabel. Tut ausgezeichnet, muss ich sagen. Auch der Einsatz eines Kunstoff-Tanks gefällt mir. Noch dazu hat die Sherco jetzt zwei Zündkurven zur freien Wahl. Über einen Schalter am Lenker wählt man das gewünschte Zündprogramm.

Aber sind wir uns ehrlich: Als es mich mit der Sherco von der Baumpyramide gepfeffert hat, sodass ich drei Tage nicht sitzen konnte, da ging mir nicht das Motorenmanagement durch den Kopf, sondern nur ein „He, so weit bin ich noch nie rauf gekommen!“

Und nein, es ist nicht besser, nach der Baumpyramide weniger Schmerzen zu haben. Weil je mehr es weh tut, von desto höher ist man runtergeflogen. Sturzfrei drüberfahren ist für 2010 geplant.

Die Sherco hat aber schon jetzt Spaß gemacht. Mir taugte zum Beispiel das Getriebe. Erste, Zweite, Dritte, Vierte, Fünfte. Nicht wie bei der Gas Gas, die vier erste Gänge hat und dann eine Fünfte und eine Sechste. Ja, das fiel mir schon auf. Aber wichtiger war, dass ich vom Hindernis-Traktorreifen mitsamt der Sherco runtergeflogen bin, weil ich mit ihr raufgekommen bin. Und dass ich nicht die Mopetten vor dem Reifen stehen lassen habe und allein geköpfelt bin. Das ist mir mit der Gas Gas noch nie passiert.

>>>Wenn das Wörtchen "wenn" nicht wär

 

Oder der schöne Drift, den ich mit der Sherco gemacht habe. Die Gänge fast am Stand durch rauf geschalten.

Es waren nur zwei Millimeter, um die mir das Hinterradl zuviel weg gegangen ist. Ehrlich.

Zwei Millimeter weniger und ich hätt sie dahalten, die Sherco. Wirklich!

Jetzt muss ich aber den Weichenberger anrufen. Der braucht die Sherco in wenigen Tagen für eine Vorführung. Ich werde sie ihm gleich zurück bringen, damit er noch ein paar Kleinigkeiten richten kann. Nichts Schlimmes. Sie fährt noch. Und vielleicht hat er auch was gegen das Sherco-Virus, das mich befallen hat. Wenn ich das nicht bald loswerde, bin ich ein einziger blauer Fleck – aber von so weit oben wie noch nie!

(Text: Guido Gluschitsch, Fotos: Martin Sulzbacher, derStandard.at, 17.01.2008)

Guido Gluschitsch ist Chefredakteur von Motorradnet.at.

Technische Daten Sherco 2.5
Motor:Zwei-Takt, Sherco, patentierte Technologie; Hubraum: 249.7 ccm; Bohrung, Hub: 72.8x69 mm; Zylinder: Nikasil-beschichteter Zylinder, 2 % Gemischschmierung; Kühlung: Geschlossener Wasserkreislauf mit permanenter Zirkulation. Elektronisch gesteuerter Ventilator; Starter: Kickstarter; Vergase: Dellorto PHBL 26; Auspuff: Stahlrohr mit einem in den Rahmen integrierten Alutopf; Kraftübertragung: Fünf Gänge, sequentiell; System zur Vermeidung von „Verschaltern"; Kupplung:Hydraulisch, Mehrscheibenkupplung im Ölbad; Zündung: elektronische, progressive Leonelli-Zündanlage; Fahrwerk: Einschleifen-Dreieckrahmen, Chrom-Molybdän, matt schwarz; Motorschutzplatte: Ergal, gepresst; Kraftstofftank: Nylon, Füllmenge 2,9 L; Bremsen: Vorne: AJP, schwimmend Ø185 mm / Hinten: Scheibe Ø145 mm; Federung; vorne Ø 38 mm Ceriani Teleskopgabel, 185 mm Federweg; Federvorspannung und Dämpfung einstellbar, Schwarzer Abrieb-Schutz. Federung: hinten: Progressives Monoshock-System mit Olle Federbein, 175mm; Vorderrad: Alufelge "Morad", 2.75 x 21", Alunabe, Stahlspeichen, Michelin Tubetype Reifen; Hinterrad: Alufelge "Morad", 3.00 x 18"; Alunabe, Stahlspeichen, Michelin tubeless Reifen; Gewicht: 69,5 kg; Radstand: 1,332 mm; Bodenfreiheit: 305 mm; Sitzhöhe: 635 mm