Lange ging man davon aus, dass Pavian-Väter ihre Kinder nicht erkennen würden. Ein Irrtum.

Foto: Standard/Susan C. Alberts

Verhaltensforscher konnten gar väterliche Fürsorge beobachten, die über das Schlichten von Streitfällen hinausgeht.

Foto: Standard/Susan C. Alberts
Washington – Die Ursache des Streits ist unklar, das Geschrei dafür umso lauter. Kreischend versucht sich der Knirps zu wehren. Doch gegen seinen älteren Widersacher hat er keine Chance. Flugs flüchtet der Kleine in die Arme des herbeieilenden Erwachsenen. Schluchzen und Wehklagen, Trost und Sicherheit. Szenen wie diese hat Susan Alberts von der Duke University praktisch täglich beobachtet. Nicht etwa auf einem Kinderspielplatz, sondern im kenianischen Amboseli-Nationalpark. Dort nehmen Wissenschafter schon seit 1971 die Dynamik und das Verhalten einer Gelbpavian-Population unter die Lupe. Die Affen leben frei in Rudeln – und bieten den Forschern gute Einblicke in ihre komplexen Sozialstrukturen. Nun gelang den Verhaltensforschern wieder einmal eine verblüffende Entdeckung. Bekannt ist, dass Gelbpaviane keine festen Paarbindungen eingehen und beide Geschlechter promisk leben. Dementsprechend unübersichtlich sind ihre Verwandtschaftsbeziehungen. Lange ging man davon aus, dass Pavian-Väter ihre Kinder nicht erkennen würden. Ein Irrtum. Vorliebe für eigene Kinder Zusammen mit ihren Kollegen analysierte Susan Alberts DNA aus Kot- und Blutproben der Affen. So konnte das Team die Väter von 75 Jungpavianen ausfindig machen. Anschließend verglichen sie diese Information mit den Protokollen der Beobachtungen. Das Ergebnis: Die Männchen zeigten eine eindeutige Vorliebe für ihre eigenen Nachkommen (siehe "Nature", Bd. 425, S. 179). Sie griffen bei Auseinandersetzungen zwischen Altersgenossen zugunsten ihrer Kleinen ein und schützten sie gegen Übergriffe erwachsener Rudelmitglieder. Die väterliche Fürsorge beschränkt sich aber nicht nur auf Streitfälle. Fellpflege und gemeinsame Futtersuche gehören ebenfalls zum Repertoire, sagt Susan Alberts im Gespräch mit dem STANDARD. "Für ein Jungtier kann der Vater vor allem dann eine wichtige Rolle spielen, wenn die Mutter ein neues Baby versorgen muss." Vereinzelt wurde sogar beobachtet, wie ein Männchen seinen Nachwuchs nach dem Tod des Muttertieres allein betreute. Doch nicht alle Pavian-Väter kümmern sich um ihre Kinder. Viele haben die Neigung zum Streunen und wechseln irgendwann das Rudel. Und das wirkt sich nachteilig auf die Nachkommen aus, wie die Forscher nun zeigen konnten. Je länger die Jungtiere – und dabei vor allem die Töchter – zusammen mit ihrem Erzeuger aufwachsen, desto früher werden sie geschlechtsreif. Dies, so schreiben Alberts und Kollegen nun in der Wissenschaftszeitschrift PNAS, ist eine Folge von günstigen Lebensbedingungen wie geringerer Stress und besserer Nahrungsversorgung. Bleibt nur noch die Frage, wie die Männchen ihre Sprösslinge eigentlich erkennen können. "Vermutlich verlassen sich die Tiere auf mehrere Hinweise", meint Alberts. Die Pavian-Männer dürften sich merken, wann sie sich mit wem gepaart haben. Gleichzeitig orientieren sie sich wohl auch an äußere Merkmale wie dem Duft. Wie auch immer: Irren tun sich die Affenväter fast nie. (Kurt de Swaaf/D ER S TANDARD , Print-Ausgabe, 5.2.2008)