Wien – Das wilde Kulturplakat ist aus dem Wiener Stadtbild noch immer nicht verschwunden, obwohl mit der Einführung der Halbschalen der Tochterfirma des Plakatriesen Gewista, Kultur:Plakat, genau das der Fall sein sollte. So lassen sich noch immer Ankündigungen auf Lichtmasten, Brückenpfeilern oder Stromkästen finden. Stefan Mathoi, einer der Gründer der Initiative "Freies Plakat", findet das verwunderlich, denn manche Plakate bewerben Veranstaltungen, die von Betrieben der Stadt Wien, beispielsweise der Wiener Stadthalle, organisiert werden.

Diese Plakate hat Mathoi fotografiert, beispielsweise unter der Tangente auf der Prater Hauptallee, wo für den Halbmarathon der Wien Energie frei plakatiert wurde. "Und auf den Halbschalen der Gewista finden sich so tolle Plakate wie die Erotikmesse", kritisiert Mathoi. "Wenn das Kunst und Kultur ist, dann weiß ich auch nicht", sagt er. Die freien Plakatierer hatten bei der Gründung der Kultur:Plakat um ihre Existenz gebangt und der Stadt Wien vorgeworfen, der Gewista ein Monopol zu ermöglichen. Da Wildplakatieren illegal ist, lässt die Gewista die Plakate entfernen.

"Papierfetzen"

Das allerdings mache kein schönes Stadtbild, sagte der Grüne Gemeinderat Marco Schreuder. "Die überall heruntergerissenen, ‚wilden‘ Plakate sind noch hässlicher. So viele Papierfetzen sind in der Stadt noch nie gesehen worden", sagt er. "Ein Paradoxon: Tausende ‚Plakatieren Verboten‘-Plakate wurden dort plakatiert, wo Plakatieren verboten ist". "Wir haben im Jänner begonnen und jetzt haben wir Februar. Da lassen sich nicht alle Plakate auf einmal wegzaubern", sagt Daniela Grill, Geschäftsführerin der Kultur:Plakat. Auch die Erotik-Messe sei eine Veranstaltung, wenn auch nicht eine kulturelle. Grill kündigte weitere Werbeflächen an: Zusätzlich zu den 5000 Halbschalen sollen auch die Stromkästen zu legalen Flächen werden. Es hapere dabei noch an der Logistik. (Marijana Miljkovic, DER STANDARD Printausgabe, 20.2.2008)