Karl-Heinz Strauss: "Mundpropaganda kann ziemlich erbarmungslos sein. Aussagen von Freunden und Geschäftspartnern zählen mehr als jedes Hochglanzprospekt."

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Karl-Heinz Strauss spricht mit Gerhard Rodler über die Aussagekraft von Immo-Werbung.

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STANDARD: Was ist der wichtigste Faktor, wenn es um Immobilien geht?

Strauss: Der ausschlaggebende Faktor ist die Lage. Das ist die Basis unseres Geschäfts. Alles Weitere baut letztlich immer nur auf der Lage auf.

STANDARD: Kann man gute Lage nicht auch künstlich schaffen? Ich denke da nur an Ihre Euro Plaza auf dem Wienerberg, wo zuvor eigentlich nichts war.

Strauss: Das sehe ich nicht so. Der Wienerberg war auch davor schon eine gute Bürolage im Süden von Wien. Sie wurde nur nicht als solche erkannt. Künstlich können Sie eine gute Lage definitiv nicht schaffen - auch nicht mit dem besten und aufwändigsten Marketing.

STANDARD: Welchen Stellenwert hat Marketing ganz allgemein für den Erfolg eines Immobilienprojekts?

Strauss: Gutes Marketing kann dazu beitragen, für fast jede Lage eine passende Verwendung zu finden. Genau das ist das Geschick jedes Projektentwicklers.

STANDARD: Unterscheidet sich Immobilienmarketing von dem klassischer Markenartikel?

Strauss: Im Grunde genommen überhaupt nicht. Wir generieren die Bekanntheit und das Image über Zeitungsanzeigen und über PR. Wichtig ist auch eine möglichst gute Produktpräsentation in Form von ansprechenden Verkaufsunterlagen.

STANDARD: Was halten Sie von Events?

Strauss: Events sind nicht verkaufsentscheidend. Sie sind eher der Punkt auf dem i. Aber Achtung: Übermäßiges Marketing kann manchmal mehr schaden als nutzen.

STANDARD: Das sagen gerade Sie? Strauss & Partner ist dafür bekannt, sehr aktives Branding seiner Projekte zu betreiben. Marketingmäßig sind Sie sehr gegenwärtig.

Strauss: Wir haben niemals eine Ankündigungspolitik betrieben, sondern immer erst den Vollzug kommuniziert. Der wichtigste Erfolgsfaktor ist, eine Lage und ein Projekt mit den Augen des potenziellen Kunden zu sehen. Wenn das gelungen ist, ergeben sich die nachfolgenden Schritte praktisch von selbst und führen fast immer in die korrekte Richtung.

STANDARD: Wie kommt es, dass Projekte manchmal auch in guten Lagen floppen?

Strauss: Die Anforderungen an Immobilien, sowohl für Büro- als auch für Wohnnutzung, sind in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Der Grund dafür ist eine größere und qualitativ bessere Auswahl. Die Mieter werden immer anspruchsvoller und wählerischer. Sie können also so viel Marketing betreiben wie Sie wollen: Eine Erfolgsgarantie wird es niemals geben. Insofern ist das Produkt "Immobilie" komplizierter geworden. Mit Lage und Marketing allein haben Sie noch lange nicht das gesamte Projekt im Griff. Offen gestanden betrachte ich die Zufriedenheit der bereits bestehenden Mieter - das ist jetzt nicht nur ein Marketinggag - als mit Abstand wichtigstes Marketinginstrument für Immobilien.

STANDARD: Wieso?

Strauss: Mundpropaganda hat großen Einfluss und kann dabei ziemlich erbarmungslos sein. Klarerweise zählen persönliche Aussagen von Freunden, Bekannten und Geschäftspartnern weitaus mehr als die schönsten Hochglanzprospekte. Daher sage ich: Bestandsmarketing ist genauso wichtig wie Verkaufsmarketing.

STANDARD: Wie sieht so ein Bestandsmarketing denn aus?

Strauss: Im Vordergrund steht das Wohlfühlen am jeweiligen Standort. Da muss die Infrastruktur ebenso passen wie beispielsweise die Mieterbetreuung vor Ort. Immer wichtiger wird das Thema Betriebskosten und Nachhaltigkeit. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 17./18.2.2008)