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Die rechtlichen Möglichkeiten, Steuerflucht von EU-Bürgern zu verhindern, seien "wenig effizient". Deswegen arbeite die EU-Kommission gerade an Änderungsvorschlägen für die Bestimmungen über die grenzüberschreitende Kapitalertragsbesteuerung, hieß es am Donnerstag in Kommissionskreisen. Dabei könnten auch Elemente aus den Geldwäschebestimmungen in die Zinsbesteuerung einfließen, um bessere Durchgriffsrechte zu bekommen, sagten Experten in Brüssel. Derzeit haben die EU-Staaten den Austausch von Informationen vereinbart: Wenn ein Deutscher in Frankreich Geld anlegt, informiert das französische Geldinstitut darüber die deutschen Steuerbehörden.

Drei Länder haben jedoch eine Alternative gewählt: Österreich, Luxemburg und Belgien wollten weiterhin ihr Bankgeheimnis schützen und geben keine Informationen weiter. Dafür wird den Sparenden aus den EU-Ländern gleich von den Banken die Zinsertragssteuer abgezogen: Bis 1. Juli sind es noch 15 Prozent, ab dann 20 Prozent und ab 1. Juli 2011 werden 35 Prozent der Zinserträge abgezogen. Drei Viertel dieser Steuern gehen an die Heimatstaaten der Sparer, ein Viertel behält Österreich als Aufwandsentschädigung. Auch die Schweiz und Liechtenstein haben sich mit der EU auf diese Regelung geeinigt.

Unter Erwartungen

Die Summen, die aus Österreich, Liechtenstein und der Schweiz an EU-Staaten ausgeschüttet werden, sind allerdings deutlich unter den Erwartungen: Österreich hat an Deutschland für 2006 rund 33 Millionen Euro überwiesen, Liechtenstein 4,4 Millionen, die Schweiz 63 Millionen Euro. Die EU-Experten halten dies für ein schwerwiegendes Indiz, dass das System noch viele Lücken und Schlupflöcher hat, da Schätzungen über Vermögen aus Deutschland in diesen Ländern deutlich darüber liegen. Zum einen will die EU-Kommission den Informationsfluss zwischen den Geldinstituten und den Finanzbehörden verbessern. Vor allem die Qualität der Meldungen über Anleger aus anderen EU-Staaten sei noch nicht zufriedenstellend, heißt es. Und auch die Situation in Luxemburg, Österreich und Belgien soll durchleuchtet werden.

Privatstiftungen

Ein besonderer Dorn im Auge ist den Brüsseler Steuerexperten die Konstruktion der Privatstiftungen. Bei den Stiftungen in Liechtenstein wäre oft nicht klar, wer der Begünstigte von Eingängen wäre, was klar den Bestimmungen gegen Geldwäsche widerspräche. Aber auch in Österreich wären einige Fragen zu klären. Es sei nicht schlüssig, warum Stiftungen anders behandelt würden als Einzelpersonen oder Gesellschaften, die Zinserträge dann versteuern müssten, wenn sie anfielen. In den österreichischen Stiftungen könnte dies zum Teil erst viele Jahre später erfolgen, was der Transparenz nicht dienlich sei. Und auch die Behandlung von Kapitalerträgen innerhalb der Stiftungen müsste untersucht werden: Etwa, wenn ein Unternehmen innerhalb der Stiftung Dividenden in die Stiftung ausschütte. Österreich kann so lange seinen Sonderstatus halten, bis auch die Schweiz und Liechtenstein ihr Bankgeheimnis aufheben. Dies könnte unter Druck der OECD schon früher geschehen, als alle vermuten, hofft die EU-Kommission. (Michael Moravec aus Brüssel, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 22.2.2008)