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"Man muss eine Reform machen, wenn sie notwendig ist", sagt Rudolf Edlinger.

Foto: APA/Helmut Fohringer
"Manchmal amüsiere ich mich da schon", sagt Rudolf Edlinger, Finanzminister von 1997 bis 2000 und derzeitiger Vizepräsident des Pensionistenverbandes über die Haltung der ÖVP. Eine Steuerreform wäre auch innerhalb der kurzen Zeit bis Anfang 2009 machbar, weil: "Wo man drehen muss, um die kleinen Einkommen zu entlasten ist ja bekannt", sagt Edlinger im Interview mit derStandard.at.

Dass Bundeskanzler Alfred Gusenbauer seinen neuen Wunschtermin Finanzminister Molterer über die Medien hat ausrichten lassen, sei zwar nicht "besonders elegant" gewesen. "Aber wenn der Koalitionspartner diskussionsresistent ist, bleibt einem nichts anderes übrig." Sollte man sich nicht einigen, müsse man allerdings "die Konsequenzen ziehen".

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derStandard.at: Die SPÖ ist der Ansicht, wegen der abflachenden Konjunktur und der hohen Teuerung ist es dringend notwendig, die Steuerreform jetzt zu machen. Sie stimmen dem zu?

Edlinger: Man muss eine Reform machen, wenn sie notwendig ist. Ich sehe das auch aus der Sicht der Pensionisten, die ich als Vizepräsident des Pensionistenverbandes Österreich vertrete. Das ist eine Frage der sozialen Gerechtigkeit. Wenn Gewinne und Spitzengehälter steigen, ist es an der Zeit auch etwas für die Klein- und Mittelverdiener zu tun.

derStandard.at: Macht es einen Unterschied, ob sie 2009 oder 2010 stattfindet?

Edlinger: Ja, das macht einen Unterschied. Ein Jahr ist eine lange Zeit und der derzeitige Preisauftrieb ist ein gewaltiger. Das wird für viele Menschen zu einem Problem.

derStandard.at: Ist die Vorverlegung auf 2009 realistisch?

Edlinger: Wenn man will, ist die Zeit ausreichend. Wo man drehen muss, um die kleinen Einkommen zu entlasten ist ja bekannt. Zum Beispiel ist die Forderung nach einer Wertzuwachssteuer, wie sie Herr Claus Raidl jetzt verlangt eine uralte Forderung der SPÖ.

derStandard.at: Kanzler Alfred Gusenbauer hat seinem Vize Wilhelm Molterer die Vorverlegung des Termins auf 2009 über die Medien ausgerichtet. Ist Ihnen das als Finanzminister (1997-2000) auch einmal passiert?

Edlinger: Das war keine besonders elegante Art. Aber wenn der Koalitionspartner diskussionsresistent ist, bleibt einem nichts anderes übrig. Als ich Finanzminister war und Wolfgang Schüssel Vizekanzler habe ich bei meiner Reform auch keine Unterstützung von ihm bekommen. Er wollte die Reform unbedingt 2000 in Kraft setzen und ich war für 2001. Im Nachhinein hatte ich da schon recht.

derStandard.at: Die ÖVP sagt, dass eine Steuerreform erst gemacht werden soll, wenn das Budget saniert ist.

Edlinger: Manchmal amüsiere ich mich da schon. Immerhin führte die ÖVP in den vergangenen sieben Jahren eine Alleinregierung, wenn man von dem Wurmfortsatz FPÖ/BZÖ absieht. Da hätten sie das Budget ja sanieren können. Irgendwas stimmt da also nicht, oder?

derStandard.at: Glauben Sie, wird die Koalition an der Steuerreform scheitern?

Edlinger: Das ist keine Frage der Steuerreform. Sondern die Frage, ob diese Regierung etwas tun will. Und wenn man sich nicht einigt, muss man die Konsequenzen ziehen. Ich sehe das ganz emotionslos. Welche Konsequenzen kommen sollen, kann ich als Außenstehender nicht sagen.

derStandard.at: Woran hakt es bei der Regierung?

Edlinger: Die ÖVP ist immer noch davon überzeugt, dass sie zwischen 2000 und 2007 die beste aller Politiken gemacht hat. Die glauben immer noch, dass ihre Abwahl eine Gemeinheit der Österreicher war. Das ist ein tiefenpsychologisches Problem. Vor allem, weil immer noch die gleichen Leute wie damals heute politische Positionen einnehmen.

derStandard.at: Wolfgang Schüssel zum Beispiel?

Edlinger: Es ist halt ein Maß an Klugheit, zu wissen wann man geht.

derStandard.at: Halten Sie Neuwahlen für möglich?

Edlinger: Ja. Wenn die Regierung es nicht schafft, in wichtigen Fragen einen Konsens zu finden, wäre das sogar besser. Aber möglicherweise rauft man sich wieder zusammen. Manches muss man auch einfach ausdiskutieren. Schließlich sind das zwei Parteien mit verschiedenen Vorstellungen und unterschiedlichen Lösungsvorschlägen.

derStandard.at: Aber das waren sie in voran gegangenen Koalitionen auch und man hat das Gefühl die Streitereien hielten sich da eher in Grenzen.

Edlinger: Es ist interessant, wie das beurteilt wird. Unter der Regierung Klima (1997-2000, Anm.) haben Kommentatoren oft geschrieben: die beiden Regierungsparteien mauscheln miteinander, da ist es eh egal wen man wählt. Weil wir intern diskutiert haben und dann mit dem Kompromiss an die Öffentlichkeit gegangen sind. Jetzt ist der Stil ein anderer. Streitereien werden öffentlicher ausgetragen.

derStandard.at: Eine Verschlechterung?

Edlinger: Das ist nicht so schlecht. Die Leute sollen die gegensätzlichen Positionen sehen. Andererseits sind dann Lösungen schwerer zu finden. Es wäre naiv anzunehmen, beide Parteien von denen die eine in erster Linie auf das Geld der Begüterten baut und die andere, die SPÖ versucht etwas für die Benachteiligten zu tun, einander nicht manchmal widersprechen würden. (Saskia Jungnikl, derStandard.at, 28.2.2008)