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Wer nicht mit dem Bus oder der Bahn fahren kann, muss Emissionen noch zwangsläufig etwa durch personalisierte Investitionen in Windenergie kompensieren.

Foto: AP Photo/Christof Stache
Ein Journalist, unterwegs nach Costa Rica, um ein Konzept für ökologischen Kaffeeanbau kennenzulernen, verursacht mit seinem Flug dorthin 6976 Tonnen CO2-Ausstoß. Das berechnet zumindest die Initiative "My Climate", die Kompensationszahlungen für Flugemissionen weltweit in Projekte zur CO2-Reduktion investiert. In die Installation von Solarzellen etwa. Zum Beispiel auf dem Dach der Wirtschaftsuni in Costa Rica, die genau jenes Kaffeeanbauprojekt untersucht, das der Journalist verstehen will. Ein Zufall aus dem "Global Village" oder ein brauchbares Beispiel dafür, wie voneinander unabhängige Akteure den Kompensationskreislauf geschlossen haben?

Es könnte ein Beispiel für Wiedergutmachung sein. Die errechneten anteiligen 167 Euro für eine Solaranlage oder ein Aufforstungsprojekt wurden aber von niemandem berappt. Obwohl der Flug sogar bei einem von nur zwei Reiseunternehmen in Österreich gebucht wurde, die das "My Climate"-Konzept in ihrem Vertrieb unterstützen. Wie sie das tun, ist allerdings die Frage, die das schlechte Gewissen dann stellt, und die Kuoni Österreich so beantwortet: nicht etwa über die Homepage, wo Flüge gebucht werden können, sondern über eine eigene, ausgelagerte Internetadresse (kuoni.myclimate.at), die Emissionsrechner und "My Climate"-Tickets bereitstellt. Das ist schade, denn wer nicht ohnehin von dieser Möglichkeit weiß, wird darauf kaum stoßen. Und dabei agiert Kuoni selbst eigentlich vorbildlich, indem es eigene Geschäftsreisen durch Zertifikatskäufe "ausgleicht".

Und das Ziel der Reise?

Der "individualisierte Emissionshandel" ist aber auch deshalb keine Erfolgsstory, weil das Reiseverhalten zumeist anders ist: Am Beginn der Planung steht die Frage, was mache ich wo? Erst an zweiter und dritter Stelle wird man überlegen, wer einen dorthin bringt und ob die verursachte Emission wiedergutgemacht werden kann. Erst recht, wenn es um die einfache Planung etwa eines Wellness-Wochenendes geht.

Mondial, der zweite österreichische Reiseveranstalter, der nun seit einem Monat die "My Climate"-Philosophie aktiv unterstützt, ist ein Spezialist für solche Angebote. Und wenn man schon danach fragt, warum man ein Wellness-Hotel nicht direkt buchen sollte, gibt auch hier das schlechte Gewissen die Antwort: Der Veranstalter kümmert sich um die Anreise mit der Bahn in ausgesuchte Häuser, die zumeist das Österreichische Umweltzeichen tragen und dann noch die Mobilität vor Ort garantieren. Da auch die Bahn (zugegebenermaßen geringere) CO2-Emissionen durch die Stromproduktion vorweg produziert, will Mondial eben diese kompensieren. Löblich an diesem Vorhaben ist der Umstand, dass das Unternehmen die Kosten für die Zertifikate selbst trägt.

Ist man grundsätzlich der Meinung, CO2-Kompensationsmodelle seien effizient, so ist die nachhaltige Servicekette bei diesen Angeboten von Mondial durchdacht. Sie wurde sogar so weit zu Ende gedacht, dass die Broschüre "FairReisen in Österreich" nur in elektronischer, also papierloser und daher umweltschonender Form erhältlich ist und nirgendwo aufliegt. Und damit bleibt - wie auch bei Kuoni - die aktive Recherche von Konsumenten das Kriterium für die Wahrnehmung. Immerhin ist der Online-Katalog gleich auf der Einstiegsseite von Mondial (mondial-reisen.com) zu finden und wurde nicht zusätzlich "versteckt".

Versteckspiele waren nie die Sache von Richard Branson, dem Eigentümer der britischen Airline Virgin Atlantic. Wenn man selbst bereit ist, in den nächsten zehn Jahren rund zwei Milliarden Euro in den Klimaschutz zu investieren, wie Branson das angekündigt hat, darf man auch "lästig" sein: Gleichzeitig hat er nämlich erklärt, dass die Klimazertifikate von "My Climate" in Zukunft auch im Bordvertrieb neben Getränken und Snacks verkauft werden sollen.

Branson ist ja bekanntermaßen auch ein Spezialist für Flugversuche. Nicht immer war er damit so erfolgreich wie mit seinem jüngsten am vergangenen Sonntag, der eine mit Bio-Sprit gefüllte Boeing sicher über den Ärmelkanal brachte. Dass in zehn Jahren Verkehrsflugzeuge grundsätzlich durch "Pflanzenkraft" angetrieben werden könnten, hält er für durchführbar. Und dass Treibstoffe mit einer tendenziell besseren Emissionsbilanz als Kerosin in der zivilen Luftfahrt keine Spinnerei sind, wurde ja bereits Anfang Februar vom zweiten Player bestätigt: Der neue Riese von Airbus, der A380, verrichtete auch mit dem aus Erdgas gewonnenem Flüssigkraftstoff GTL zuverlässig seine Dienste.

Nichts zu kompensieren

Emissionen einzusparen, um sie gar nicht erst kompensieren zu müssen, ist auch der Ansatz der Vereinigung "Alpine Pearls". Der Zusammenschluss von Orten, der "sanfte Mobilität" (also öffentliche oder gar emissionsfreie Verkehrsmittel) fördert - und von der "klima:aktiv mobil Initiative" ministeriell gefördert wird -, ist eine der wenigen Organisationen, die von messbaren Erfolgserlebnissen berichten kann: Die "Mobilcard", die für nur zehn Euro sieben Tage freie Fahrt in der gesamten Südtiroler Region ermöglicht, wurde bereits im ersten Jahr 5000-mal verkauft - seit Juni 2007 verkehren dadurch nun 40 Prozent mehr Busse. Obwohl die Gemeinde Werfenweng optisch gar nicht so umwerfend ist, brachte ihr die aktive Förderung umweltfreundlicher Mobilität in zehn Jahren immerhin 40.000 zusätzliche Nächtigungen.

Den Begriff Kompensation möchte Columbus Reisen gar nicht erst verwenden. Auch wenn die Organisation "Fair Travel", die Columbus als erster österreichischer Veranstalter unterstützt, eigentlich auch diesen Ansatz verfolgt. Denn auch "Fair Travel" kompensiert Emissionen durch Aufforstungsprojekte in ökologisch bedrohten Regionen wie Mexiko oder Mosambik, um die CO2-Bilanz aufzupolieren. Columbus benutzt allerdings lieber den Begriff "Gastgeschenk" für den einen Euro, den der Veranstalter aus eigener Tasche für jeden Fluggast zum Pflanzen eines Baumes überweist. An der Summe der dadurch zustande kommenden Gelder kann man diese Geste nur schwer messen, ebenso wie an ihren Usancen. Denn zu Gast war Columbus Reisen als Veranstalter in diesen Ländern noch nie, aber kleine Geschenke vorweg erhalten zumindest die Klimabilanz. (Sascha Aumüller/DER STANDARD/Printausgabe/ 1./2.3.2008)