Graz - Der Koalitionsvertrag, den sowohl Siegfried Nagl als auch Lisa Rücker als "verbindlich" bezeichnen, lässt stellenweise Grün sprießen - einiges kam sogar aus alten ÖVP-Schubladen, als die ÖVP sich noch angeschickt hatte, Österreichs Radlerhauptstadt zu werden. ÖVP und Grüne kamen überein, sich im Gemeinderat nicht zu überstimmen und keine anderen Mehrheiten zu suchen. Einige Schwerpunkte aus dem Koalitionspakt:
  • Feinstaub/Verkehr Alle Lücken im Grazer Radwegenetz sollen geschlossen werden. In den Grundzügen gibt es ein Konzept dafür seit über 20 Jahren. In jener Zeit war der Grazer ÖVP-Vizebürgermeister Erich Edegger ein Vorreiter der Radler. Peter Hagenauer, der nun als Grüner Verkehrssprecher aus dem Landtag ausscheidet und in den Gemeinderat einzieht, freut sich: "Wir haben etwas Hinterhältiges gemacht: Wir haben der ÖVP in den Verhandlungen ihre eigenen Pläne präsentiert." Zudem soll der öffentliche Verkehr ausgebaut, innerhalb der nächsten fünf Jahre die Linie 5 verlängert werden. An Feinstaub-Alarm-Tagen sollen die Grazer Verkehrsbetriebe (GVB) gratis sein, die Ampelschaltungen sollen an allen Kreuzungen den Öffis Vorrang geben. Mittelfristig soll der Anteil des motorisierten Individualverkehrs von 48 Prozent auf 40 sinken.

  • Kein Bettelverbot In Graz wird es kein Verbot für Bettelei geben. Man wolle zwar das Betteln reduzieren, aber durch konkrete Hilfe für die betroffenen Menschen nicht durch Verbote. ÖVP und Grüne wollen EU-weite Hilfe, wie sie etwa für die Roma im slowakischen Hostice bereits geleistet wird, ausbauen.

  • Integration Mit Deutschkursen soll in Graz künftig vermehrt dafür gesorgt werden, dass Migranten am Leben in der Stadt teilnehmen können, aber auch muttersprachliche Förderung soll auf allen Ebenen ausgebaut werden. Alle, die nach Graz kommen, egal ob aus einer Umlandgemeinde oder von einem anderen Kontinent, sollen künftig mit einem "Welcome-Paket" begrüßt werden.

  • FPÖ-Abgrenzung Einen markanten Trennstrich ziehen Schwarze und Grüne zum blauen Lager. FPÖ-Chefin Susanne Winter, deren Mohammed-Beschimpfungen Ermittlungen der Justiz nach sich gezogen haben, bekommt als Stadträtin die Geriatrie und Teile des Personenamtes zugewiesen.

    Die FPÖ müsse zwar wegen des Proporzsystems in die Arbeit im Rathaus eingebunden werden, man werde sich im Gemeinderat aber klar abgrenzen. Rücker: "FPÖ und auch das BZÖ haben Grenzen überschritten, daher werden wir Zeichen setzen." So werden beiden Parteien etwa die Parteienförderungen gekürzt. (red/DER STANDARD, Printausgabe, 4.3.2008)