Die Uschebti-Statuette des Tutanchamun aus der Vorkammer des Pharaonengrabes sollte sicherstellen, dass der König im Jenseits keine Zwangsarbeit verrichten muss.

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Drei Zeltpyramiden stehen vor dem Völkerkundemuseum am Heldenplatz

Foto: Michael Vosatka
Wien – Drei weiße Zelte stehen seit wenigen Tagen unübersehbar am Heldenplatz. Und diese wenig schönen Zeltgerüste, wenn sie auch der Form nach, sonst aber in rein gar nichts ägyptischen Pyramiden gleichen, deuten darauf hin: Der Zirkus ist in der Stadt.

Tutanchamun und die Welt der Pharaonen heißt dieser Zirkus, der sich auch auf einer gigantischen Plane, die sich mittels Klettergerüst über den eisernen Burgzaun schwingt, vorstellt. Dass es im Tal der Könige gar keine Pyramiden gibt, macht ja nichts, unübersehbar sein ist wichtiger. Denn KHM-Generaldirektor Wilfried Seipel hofft auf die nur hundert Meter entfernte EM-Fanmeile: Als Alternative zu einem "langweiligen Fußballspiel auf irgendeiner Leinwand" bietet er im Völkerkundemuseum eine in "Umfang, Fülle und Qualität" in Wien nie da gewesene Ägypten-Ausstellung – eine "Weltsensation" an, über deren Kosten man sich bei der Pressekonferenz ausschweigt.

Den Zirkus, der bereits im vorhinein fast 50.000 Eintrittskarten verkauft hat, hat Seipel – auch wenn ihm derartige Journalistenfragen schmeicheln – freilich nicht allein in die Stadt geholt. Ohne Zweifel ist die Schau ein erfüllter Herzenswunsch jedes Ägyptologen, aber die Kür im letzten Jahr seiner Generaldirektion.

Dass Wien jedoch nicht nur die erste, sondern auch die einzige europäische Station dieser riesigen Pharaonen-Schau sein wird, bevor diese über den Atlantik verschickt wird, hat auch mit der Direktorin des Ägyptischen Museums, Wafaa El-Saddik, zu tun.

Vor 25 Jahren, als sie in Wien ihre Dissertation verfasste, war El-Saddik "schon überrascht", wie groß die Wiener Ägypten-Sammlung ist, die ihr König 1854 wenig weitsichtig an Österreich verschenkte.

Aber auch ohne die Wiener Stücke ist das Ausmaß der Tutanchamun-Präsentation, die nicht nur die Zeit Tuts, sondern Objekte aus 2000 Jahren altägyptischer Geschichte präsentiert, recht gewaltig, zieht sich von der 4. Dynastie bis in die Späte Periode (660 v. Chr.).

In den geheimnisvoll und dramatisch abgedunkelten Räumen, die einen Schritt für Schritt näher an die Grabkammer bringen, soll man auch einiges über das Privatleben der Pharaonen erfahren. Illustriert wird das anhand schöner Exponate wie dem hölzernen Bett des mit 18 Jahren verstorbenen und nach seinem Tod aus der Herrscherlinie gelöschten Tutanchamun, dem Sarkophag von Prinz Thutmosis’ Katze oder einem Brettspiel aus Elfenbein. Kurios nimmt sich in diesem Zusammenhang die Toilettenbrille aus, die ebenso würdevoll wie alle anderen Exponate in die – sehr besucherfreundlich von allen Seiten mit kurzen Erklärungen beschriftete – Vitrine Eingang gefunden hat.

Als wahre Highlights sind aber die Monumentalstatue von Echnaton und die Totenmaske von Psusennes I. zu nennen, ebenso wie die in der tatsächlich Herzklopfen verursachenden Grabkammer präsentierte, fein ziselierte und mit noch sichtbaren Farbspuren erhaltene Tut-Statue sowie einer von vier Miniatursärgen für die Eingeweide des jungen Pharaos.

Tritt man aus dem Dunklen dann wieder ins Licht, darf man noch das Glitzern einer anderen Schatzkammer durchschreiten: Im Shop gibt es neben Pharao-Bären, Indiana-Jones-Kostümen auch "PharaOHs"-Wellnessdrinks mit Tamarinden- oder Pfefferminz-Geschmack. Und wem das Ägypten-Glück noch immer nicht perfekt genug ist, der bucht das kulinarische Paket mit "Pharao-Dinner". (Anne Katrin Feßler/DER STANDARD, Printausgabe, 8.3.2008)