Passivhaus auf Wunsch: Sonnenkollektoren, Wohnraumbelüftung und Erdwärme sind beim Fertighaus nicht mehr so exotisch wie noch vor ein paar Jahren.

Collage: STANDARD/Friesenbichler
Weit mehr als 5000 Fertighäuser werden in Österreich pro Jahr verkauft. Damit ist jedes dritte Haus, das neu errichtet wird, aus dem Produktkatalog eines Fertighausproduzenten. War es in anfänglichen Zeiten möglich, zwischen ein paar Haustypen, einigen Grundriss-Variationen und bestenfalls noch einigen Fensterformaten zu wählen, sind die Auswahlkriterien heute vielfältiger. Damit macht das Haus auf Bestellung dem individuell geplanten Projekt aus der Feder eines Architekten oder Baumeisters zunehmend Konkurrenz. Doch wie sieht es hinsichtlich Ökologie aus? Kann das Haus von der Stange da mithalten?

Nicht nur in der Gestaltung stehen dem Kunden inzwischen unzählige Varianten offen, auch in der technischen Ausstattung, in den Baumaterialien und in den Energiekennzahlen hat man bereits zügig aufgeholt. "Das Passivhaus zählt nicht zu den Kerngebieten der Fertighausbranche und ist daher auch noch nicht allzu weit verbreitet", sagt Joachim Pollanz, Marketingleiter bei Wolf Systembau GmbH, "aber im Niedrigenergie-Bereich sind wir bereits sattelfest." Dennoch werde man spätestens im April eine Passivhaus-Serie auf den Markt bringen.

Schwierige Planung

Helfried Gugel, Prokurist bei der Griffner Haus AG, bestätigt: "Grundsätzlich sind unsere Produkte niedrig-energetisch konzipiert, aber auf Anfrage lässt sich jedes Haus in Bezug auf Bauphysik und Wärmedämmung aufwerten." Lediglich die Planung sei schwieriger - und vor allem individueller: "Der Passivhaus-Standard hat derart strenge Anforderungen, dass bereits die Lage auf dem Grundstück und auch die Himmelsausrichtung eine große Rolle spielen." Solche Kriterien müsse man selbstverständlich einfließen lassen.

"Die Energiepreise verändern sich, und das kriegt jeder mit", sagt Günter Lang, Geschäftsführer der IG Passivhaus Österreich. Vom Erfolg des niedrigenergetischen und ökologischen Bauens profitiert das Portemonnaie, letztendlich aber auch der Bewohner selbst. Denn: "Im Passivhaus geht es nicht nur um die Einsparung von Kosten. Der unmittelbar spürbare Vorteil besteht in der Anhebung der Wohnqualität."

Die Fertighaus-Anbieter haben auf diesen Trend reagiert. Sonnenkollektoren am Dach, kontrollierte Wohnraumbelüftung und Erdwärmenutzung sind längst keine Fremdwörter mehr - sie gehören zum Alltagsgeschäft. "Rund 70 Prozent unserer verkauften Häuser werden bereits mit Erdwärme gespeist", sagt Dominik Lindner, Marketingleiter bei der Hanlo Fertighaus GmbH, "der Anteil der konventionellen Beheizungsmethoden mit Öl oder Gas ist in einigen Regionen Österreichs inzwischen auf zehn Prozent gesunken." In diesem Punkt habe in den letzten zwei bis drei Jahren eine immense Bewusstseinsbildung stattgefunden.

Über 20 Prozent Aufschlag

Eine Erdwärmepumpe mitsamt Erdkollektoren und Fußbodenheizung schlägt je nach Hausgröße mit etwa 5000 Euro zu Buche, für ein zusätzliches Solarset mit Kollektoren zur Warmwasseraufbereitung kann man rund 8000 bis 9000 Euro kalkulieren. In Summe müsse der Kunde für ein Passivhaus mit 20 bis 40 Prozent Preisaufschlag gegenüber einem herkömmlichen Niedrigenergiehaus rechnen, bestätigen diverse Fertighausanbieter auf Anfrage des Standard - anhängig vom Haustyp und von der Bauweise.

Darüber hinaus wurde erst kürzlich ein Vertrag zwischen Lebensministerium und Österreichischem Fertighausverband unterzeichnet, dem rund 25 Unternehmen angehören. Demnach werden die Kriterien des sogenannten klima:aktiv-Hauses nun auch auf die Fertighaus-Branche übertragen. Die Forderungen sind streng und beziehen sich nicht nur auf CO2-freie Beheizung und Niedrigenergie-Standard (in diesem Fall unter 45 kWh/m²a), sondern beispielsweise auch auf die ökologische Fertigung der Baustoffe. Binnen zwei Jahren muss jeder Fertighaus-Anbieter mindestens ein Musterhaus entwickelt haben.

Michael Novak, für Hanlo tätiger Bauingenieur, warnt lediglich vor allzu einzigartigen Baustoffen, denn noch fehle die Langzeiterfahrung: "Die sehr speziellen Kundenwünsche bergen die Gefahr, dass es im Bereich der neuen Materialien noch keine geprüften Standards gibt." Um im wirtschaftlichen Bereich zu bleiben, müsse man dem Kunden gegenüber ehrlich sein: "Die Branche hat sich in den letzten Jahren stark entwickelt, aber ein Fertighaus-Anbieter kann nicht auf alles spezialisiert sein. Irgendwo gibt es Grenzen." (Wojciech Czaja, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 8./9.3.2008)