Hakoah-Geschäftsführer Ronald Gelbard im nagelneuen Sportcenter in der Leopoldstadt: "Unser Schwerpunkt liegt beim Mannschaftssport." Nur die Schwimmer müssen nach wie vor auswärts trainieren

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Wien - Baubaracken, Schotterwege, Gitterzäune, "Betreten der Baustelle Verboten"-Tafeln: Besonders einladend wirkt der Zugang zum neuen Sportzentrum in der Simon-Wiesenthal-Gasse ja noch nicht. "Wir leiden ein bisschen unter der Baustelle vor unserer Tür", sagt Hakoah-Geschäftsführer Ronald Gelbard. "Aber das müssen wir jetzt eben noch eine Zeitlang ertragen." Wirklich anhaben kann der improvisierte Vorplatz - nebenan werden eine jüdische Schule sowie ein Seniorenheim gebaut - Gelbards Freude am neuen Sportcenter allerdings nicht.

Völlig zu Recht, denn drinnen wirkt der moderne Bau derart freundlich, dass selbst der konsequenteste Sportverweigerer in Versuchung gerät, aufs Laufband zu springen, ein paar Körbe zu werfen oder sich die Sprossenwand rauf- und runterzuarbeiten. Das neue Hakoah-Heim ist aber nicht nur ein Ort der Körper- stählung, man kann sich hier auch ganz gut entspannen - in der Sauna zum Beispiel oder im Dampfbad.

Zurückgegeben

Vor gut zweieinhalb Jahren restituierte die Stadt Wien dem traditionsreichen jüdischen Sportverein ein Grundstück im grünen Prater. Kommenden Dienstag eröffnen Bürgermeister Michael Häupl und Bundeskanzler Alfred Gusenbauer (beide SPÖ) die Hakoah-Halle offiziell. 7,2 Millionen Euro waren für den Neubau vorgesehen. Bund und Land teilten sich die Kosten für die neue Heimstätte des Sportklubs, dessen Fußball- und Sportstadion in der Krieau nach dem "Anschluss" 1938 beschlagnahmt und nie zurückgegeben wurde. "Die 7,2 Millionen haben für den Neubau leider nicht gereicht", sagt Gelbard "wir mussten uns zusätzlich um private Spenden bemühen." Wer den Hakoahnern finanziell unter die Arme greift, wird an der "Wall of Fame" am Eingang zum neuen Sportzentrum verewigt, gleich neben dem Wandbrunnen, auf dem der weiße Stern auf blauem Grund mit dem "H" in der Mitte prangt.

Rund 300 Mitglieder hat der S. C. Hakoah derzeit. Gegründet wurde der Verein 1909, einerseits als Folge des gestiegenen Selbstbewusstseins liberaler Wiener Juden, andererseits auch aus einer Notsituation heraus: ein "Arierparagraph", der Juden von anderen Sportvereinen ausschloss, trat in Kraft. Besonders erfolgreich waren anfangs die Sektionen Fußball, Wasserball, Ringen und Schwimmen.

Breites Angebot

Ab 1933 verlor die Hakoah ständig Mitglieder. Offiziell wurde der Name Hakoah (Hebräisch für "Kraft") 1941 ausradiert. Bereits wenige Jahre nach Kriegsende hauchten eine Handvoll Überlebender dem Klub aber bereits neues Leben ein. Die Sportler mussten sich allerdings stets in "fremden" Sportheimen einmieten. Das Angebot an körperlicher Ertüchtigung erstreckt sich heute von Tischtennis über Basketball bis zum Boxen. "Unser Schwerpunkt liegt beim Mannschaftssport", sagt Geschäftsführer Ronald Gelbard, der Ende der Neunzigerjahre die Karate-Sektion gründete.

Nur die Schwimmer müssen weiterhin auswärts trainieren: Trotz des Engagements von Schwimmprofi Markus Rogan konnte man die 2,2 Millionen Euro, die für eine Schwimmhalle notwendig wären, nicht aufbringen. "Mich hat es selbst gewundert, aber auch Rogan konnte uns nicht dabei helfen, das Geld aufzutreiben", sagt Gelbard. Einen Platz für eine Halle habe man auf dem Hakoah-Gelände aber freigelassen: "Nur für den Fall." (Martina Stemmer, DER STANDARD Printausgabe, 8./9.3.2008)