Christoph Posch liebt Mikroelektronik und Rockmusik. Derzeit entwickelt er maschinelle Augen.

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Am Anfang seines Nachrichtentechnikstudiums an der TU Wien standen noch der Wunsch, ein Rockstar zu werden, und die Neugier zu wissen, wie das technische Equipment von Musikern funktioniert. Christoph Posch ist beiden Bereichen treu geblieben: der Technik in Form anwendungsnaher Forschung auf dem Gebiet der Mikroelektronik und der Rockmusik (derzeit mit "Spineclub"). Posch spielt Schlagzeug.

Nach seiner Doktoratszeit am Europäischen Forschungszentrum für Teilchenphysik CERN pendelte er fünf Jahre lang zwischen der Boston University und CERN, wobei ihm Genf zu einer zweiten Heimat geworden ist. Er hat die intensivste Zeit der Entstehung des Large Hadron Colliders (LHC) miterlebt und zu einem kleinen Teil auch mitgestaltet. Dem Augenblick der ersten Teilchenkollisionen am LHC im Sommer 2008 blickt er mit Spannung entgegen: "In einem der großen Detektorexperimente namens Atlas ist einer meiner Chips zigtausendfach eingebaut, und ich bin schon sehr neugierig, ob er das tut, was er soll", so Posch mit etwas Stolz.

Seit 2004 entwickelt der Chip-Designer im Bereich "Smart Systems" der Austrian Research Centers in Seibersdorf mit seiner Gruppe neue Schaltungen zur Lösung spezifischer Probleme: "Die Layouts dieser analogen Chips werden von den Designern noch richtiggehend 'gemalt'. Ein sehr kreativer Prozess" - auf ganz wenig Raum. Seine Gruppe befasst sich mit Entwicklung und Design von neuromorphen Bildsensoren sowie mit biologisch inspirierter Signalverarbeitung und arbeitet mit dem Institut für Neuroinformatik der ETH-Zürich zusammen.

Dabei wird versucht, sich Signalverarbeitungstricks der Natur zunutze zu machen und in Silizium zu "gießen" und die so entstehenden künstlichen Sinnesorgane und Gehirne für technische Anwendungen zu adaptieren. Neuromorphe Bildsensoren aus dem Hause ARC imitieren beispielsweise die menschliche Netzhaut und sind so in der Lage, die anfallende Datenmenge in der Bildverarbeitung drastisch zu reduzieren - mit hoher zeitlicher Auflösung und bei stark unterschiedlicher Beleuchtungsintensität.

Maschinelle Augen

So eignen sich die Spezialsensoren für den Einsatz als "maschinelles Auge" in der industriellen Automation, im automotiven Bereich und für die Überwachungs- und Sicherheitstechnik.

"Fachliche Weiterbildung ist in meiner Branche nicht Luxus, sondern Notwendigkeit", bestätigt der Ingenieur. Er interessiert sich sehr für Kulturgeschichte und Geopolitik.

Christoph Posch ist in Bad Fischau aufgewachsen. Er reist mit seiner Lebensgefährtin gern an Orte mit einem geschichtlich-kulturellen Hintergrund, "ihre Sprachkenntnisse erschließen uns dann auch unübliche Ziele und Routen, wie zum Beispiel das ländliche Usbekistan."

Ansonsten betreibt er viel Sport, etwa auf Skiern oder mit dem Mountainbike. Am CERN kickte Christoph Posch einige Jahre mit einer spanisch-italienischen Fußballmannschaft. Derzeit ist Fußball aber kein Thema für ihn.

Lieber arbeitet der 42-Jährige an Chips, die auch als Netzhautimplantate für Blinde eingesetzt werden könnten: "Da die neuromorphen Sensoren die biologische Form der Informationsdarstellung verwenden, wäre das menschliche Gehirn nach einer kurzen Lernphase wohl in der Lage, die vom Sensor gelieferten Daten zu interpretieren." (Astrid Kuffner/DER STANDARD, Printausgabe, 12.3.2008)