Marie Ringler und Peter Pilz bei der Pressekonferenz

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Die Grünen wollen das neue Sicherheitspolizeigesetz (SPG) kippen. "Das haben wir versprochen", so der Grüne Sicherheitssprecher Peter Pilz am Donnerstag vor Journalisten. Grund sind die darin enthaltenen Erweiterungen der Polizei-Befugnisse zur Handy- und Internetüberwachung. Derartige Maßnahmen können nun ohne richterlicher Erlaubnis vorgenommen werden.

"Ein Akt der Notwehr gegen den Überwachungsstaat"

Die Grüne Landtagsabgeordnete Marie Ringler hat sich mit einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof gewandt. "Ein Akt der Notwehr gegen den Überwachungsstaat", so Ringler. Denn das Gesetz greife in "exzessiver Weise" in die Privatsphäre ein und das ohne richterliche Kontrolle. Sie sei betroffen, da sie eine Website betreibe und Teil des nicht-kommerziellen Kommunikationsdienstes Funkfeuer ist und damit Internetproviderin sei. Dadurch sei sie Dienstanbieterin und daher der Auskunftstpflicht nach dem SPG unterworfen.

Die Grünen schätzen, dass es pro Monat 20.000 Überwachungsmaßnahmen gibt

Laut Ringler seien durch das SPG eine Reihe von Verfassungsbestimmungen verletzt: Etwa das Fernmeldegeheimnis, welches Inhaltsdaten schützt. Das SPG erlaubt zwar nur Übermittlung von Verkehrsdaten - also der Zuordnung von IP-Adressen zu Name und Anschrift des Users. Für Ringler seien dadurch aber auch Rückschlüsse auf den Inhalt möglich. So könne etwa ermittelt werden, wer zu welcher Zeit sich in einem bestimmten Internet-Chat aufgehalten habe. Dadurch wisse man aber mehr als nur Namen und Adresse des Betroffenen. Auch durch die Bestimmungen betreffend der Ortung von Mobiltelefonen sieht Ringler das Fernmeldegeheimnis verletzt. Denn das Gesetz erlaube ausdrücklich den Gebrauch sogenannter "IMSI-Catchern", welcher die direkte Lokalisierung von Handys zum Zweck hätte.

Auch die Europäische Menschenrechtskonvention (EGMR) sei durch die SPG-Novelle verletzt, so die Grünen. Denn die EGMR erlaubt nur unter bestimmten Bedingungen den Eingriff in das "Recht auf Privatleben" und müsse "verhältnismäßig" sein - dies sei aber durch das SPG nicht gewährleistet. Ringler kritisierte besonders, dass das SPG keine Maßnahmen gegen Mißbrauch vorsehe. So gibt es keine Verpflichtung zur Information der Betroffenen. Die Grünen schätzen, dass es bereits 20.000 Überwachungsmaßnahmen pro Monat gibt. So wurde das Gesetz genutzt, um ein gestohlenes Handy zu orten.

Einladung

Neben dem Weg über der VfGH will Pilz auch die derzeitige Lage in der Koalition ausnützen und hofft auf Mehrheiten abseits der Großen Koalition: Er werde SPÖ und FPÖ eine "gemeinsame Novelle zur Rücknahme der SPG-Novelle" vorschlagen.

Weiter Klagen

Der Mobilfunker T-Mobile und die Internet-Provider Silverserver und Freewave haben ebenfalls Beschwerden beim Verfassungsgerichtshof eingereicht. VfGH-Sprecher Christian Neuwirth bestätigte das Einlangen des Individualantrags Ringlers. Auch jener von T-Mobile und Freewave sei bereits eingelangt. "Alle in der öffentlichen Diskussion umstrittenen Punkte" würden in den Anträgen angefochten, so der Sprecher. Es werde nun ein Vorverfahren eingeleitet. Eine Entscheidung sei frühestens im Herbst zu erwarten. (red/APA)