Der umstrittene neue Vorplatz wird erst im April fertig.

Foto: Standard/Andy Urban
Wien - Eine computergesteuerte Schaukel, die ihre Passagiere durch die Luft schleudert, ein Riesenrotor, in dessen Inneren man ob der enormen Fliehkraft an die Wand gedrückt wird, ein pendelähnliches Gerät, mittels dem sich die Fahrgäste frei schwingend in luftige Höhen begeben: Die neuen Attraktionen für den Wiener Wurstelprater sind weder besonders familientauglich noch spielen die Themen "Wasser" oder "Wien um 1900" eine Rolle.

"Topspin", "magischer Rotor" und "Chaospendel" erfüllen somit keines der drei Kriterien, die der französische Themenparkexperte Emmanuel Mongon für den Erfolg von "Fahrgeschäften" (so der Fachausdruck) im Wurstelprater aufgestellt hat. Die Attraktionen, die in den nächsten Wochen erstmals in Betrieb gehen sollen, gehören durchwegs zur Kategorie Thrill - und die ist laut Mongon mit schuld am Besucherschwund vergangener Jahre.

1,5 Millionen Euro hat die Stadt Wien Mongon für seinen Wurstelprater-Masterplan gezahlt, zu seinem Glück zwingen kann die zuständige Stadträtin Grete Laska (SP) freilich keinen der 80 Praterunternehmer. Der Großteil wurstelt sich irgendwie durch. Doch hin und wieder findet sich auch jemand, der Mongons Empfehlungen ernst nimmt: Alfred Kern investierte vergangenes Jahr in eine Wildalpenbahn, heuer nimmt die Familie Kleindienst erstmals eine nostalgisch anmutende Schiffschaukel in Betrieb.

Zur Saisoneröffnung morgen, Samstag, ist allerdings noch keine der neuen Attraktionen einsatzbereit - im Gegensatz zu allen anderen Bahnen, Schaukeln, Spielhöllen und Restaurants im angeblich drittältesten Vergnügungspark der Welt. Im Schweizer Haus stehen am Samstag ab 10 Uhr Krügeln und Stelzen bereit, Tag zwei der Wurstelprater-Saison '08 begeht man am Sonntag mit einem Kinderflohmarkt am Wurstelplatz.

Vom Praterstern kommend gelangt man derweil über einen Umweg, am Planetarium vorbei, in den Vergnügungspark. Denn auch der umstrittene neue Vorplatz wird erst in ein paar Wochen fertig. "Es war immer klar, dass wir es bis zur Eröffnung des Schweizer Hauses nicht schaffen werden", sagt Eva Gassner, Sprecherin von Stadträtin Grete Laska (SPÖ).

Langsame Erneuerung

Der Kulissenbau mit den aufgemalten Fenstern soll zum Anpfiff der EURO fertiggestellt sein. Jedenfalls außen. Innen wird noch bis Herbst gebaut. Die geplante Großdisco soll erst im Oktober aufsperren. Offen ist derzeit das Verkehrskonzept für die Liliputbahn: Der Zug soll nämlich idealerweise nicht nur während der EURO mehr Menschen durch den Prater befördern, sondern auch danach verstärkt als Beförderungsmittel für Wurstelpraterbesucher einsetzbar sein. Allerdings wäre dafür die Zustimmung sämtlicher Pächter, über deren Parzellen die neuen Gleise führen würden, notwendig.

Die Hoffnung, einer alten Attraktion im Wurstelprater noch heuer neues Leben einzuhauchen, hat Sammy Konkolits inzwischen aufgegeben. Der Künstler kaufte vergangenes Frühjahr die alte Holzrutsche Tobbogan. Für die Renovierung des mehr als 100 Jahre alten Teils sucht er noch nach Sponsoren. "Ich habe den Aufwand ein bisschen unterschätzt", sagt Konkolits, "die originalgetreue Renovierung kostet 450.000 Euro." (Martina Stemmer, DER STANDARD - Printausgabe, 14. März 2008)