Aus dem Wahlkampf, der den Erfolg von Erwin Pröll ermöglicht hat, lassen sich für die in mehrere Teilorganisationen aufgesplitterte Volkspartei auch für künftige Wahlen taktische Konzepte ableiten, meinte der Parteienforscher Hubert Sickinger am Sonntag: Der mitgliederstarke Bauernbund sei mit dem Raiffeisen-Sektor „verbandelt“, der ÖAAB durch die „Patronage“ im Landesdienst stark verankert und der Wirtschaftsbund ebenfalls finanzkräftig. „Die haben Geld, wirklich Kampagnen zu fahren, und den Effekt hat man jetzt gesehen“, sagt Sickinger.
Bei der Bundespolitik will offenbar niemand anstreifen – und dass der Tiroler Landeshauptmann Herwig van Staa Mitte der Woche den Landtagswahltermin auf den 8. Juni vorverlegt hat, darf als Zeichen gewertet werden, dass man in der ÖVP damit rechnet, dass es auf Bundesebene keine Wahl mehr vor dem Sommer geben wird.
Terminkollision
Da nimmt man schon eher eine Terminkollision mit der EURO in Kauf, um zu halten, was möglich ist: Im Jahr 2003 erreichte die ÖVP 49,9 Prozent der abgegebenen Stimmen und stellt damit 20 der 36 Abgeordneten im Landtag. Herwig van Staa könnte aber auch weiterhin absolut regieren, wenn nämlich ÖVP-Herausforderer und AK-Präsident Fritz Dinkhauser „seinen Wahlkampf verbockt“, sagt Christoph Hofinger vom Meinungsforschungsinstitut Sora: „Fehlende organisatorische Ressourcen und falsche Botschaften könnten Dinkhauser auch Stimmen kosten.“
Für Landeshauptmann van Staa ist klar, dass er mit einem Antreten der Liste Dinkhauser eine absolute Mehrheit nicht mehr erreichen wird – 40 Prozent der Stimmen wünscht er sich aber. Meinungsforscher Christoph Hofinger empfiehlt der Tiroler ÖVP, sich den Wahlkampf von Erwin Pröll in Niederösterreich anzusehen: „Pröll agiert sehr diszipliniert – so müsste auch van Staa agieren.“
"Keine Wackelkoalition"
„In den Plakatkampagnen soll der eigenständige Tiroler Weg gezeigt werden“, beschreibt ÖVP-Landesgeschäftsführer Hannes Rauch. „ Die ÖVP wird sich klar gegen die Koalition Rot-Grün-Dinkhauser positionieren“, sagt Rauch, denn „Tirol hat keine Wackelkoalition verdient“. Auch die Tiroler SPÖ müsse sich im nahenden Wahlkampf klar positionieren. „2003 hat die SPÖ zu früh gesagt, dass sie eine Koalition mit der ÖVP eingehen werde“, analysiert Hofinger. Spitzenkandidat Hannes Gschwentner müsse als einziger deutlich jüngerer Kandidat im Vergleich zu van Staa und Dinkhauser präsentiert werden.