Das Strategie- und Technologieberatungsunternehmen Booz Allen Hamilton fischt bei der Personalrekrutierung jetzt gezielt im Teich der Naturwissenschafter. Bei einem Vortrag in Wien wollte das Unternehmen mit dem "gängigen Vorurteil" aufräumen, dass ein abgeschlossenes BWL-Studium Voraussetzung sei, um in der Wirtschaft reüssieren zu können. Einsatzmöglichkeiten für Physiker als Berater gebe es zum Beispiel im Bereich Luft- und Raumfahrt sowie bei Telekommunikationsprojekten. Techniker könnten dabei als Schnittstelle zwischen Ingenieuren und der betriebswirtschaftlichen Seite fungieren.

Booz Allen hat sich das Wort "Diversität" groß auf seine Fahnen geheftet. Das Personal solle sich aus unterschiedlichen Richtungen zusammensetzen. Bis jetzt hat das Unternehmen zehn Prozent Naturwissenschafter an Bord. Es sollen schon bald mehr werden. Deswegen geht man jetzt beim Recruitung in die Offensive und will mit Veranstaltungen Leute aus diesem Segment anwerben. 74 Prozent der Angestellten bei Booz Allen sind Akademiker. Die Frauenquote beträgt 30 Prozent. Harald Dutzler, Principal bei Booz Allen, skizzierte bei einem Vortrag in Wien, wie eine "normale" Woche in seiner Firma abläuft. Nämlich nach dem "5-4-3-2-1 Prinzip": Fünf Tage pro Woche arbeiten, vier Tage davon beim Klienten, drei Übernachtungen auswärts, zwei Projekte pro Jahr als Minimum und im Normalfall die Betreuung von nur einem Projekt auf einmal.

19.000 Mitarbeiter

Als "global agierendes Unternehmen" lege Booz Allen großen Wert darauf, dass sich die Projektteams bei der Beratung der Klienten international zusammensetzen. Die Firma beschäftigt weltweit 19.000 Leute und unterhält 100 Büros auf sechs Kontinenten. Die österreichischen Mitarbeiter würden in ganz Europa ihrer Beratertätigkeit nachgehen. Das bedeute: "Abflug in Wien am Montag um sieben in der Früh, Rückkehr am Donnerstagabend." Alles in allem "kein Job, wo man um fünf heimgeht", meint Dutzler. Im Schnitt kämen die Beschäftigten auf eine 60 Stundenwoche: "Mal mehr, mal weniger."

Das Wochenende sei aber sakrosankt, quasi die "Booz Allen freie Zone". Bezahlte Überstunden oder Zeitausgleich gebe es nicht, dafür könne sich die Entlohnung "insgesamt aber sehen lassen", berichtet Dutzler. Besondere Zuckerln wären ein Bonus bei Erreichen der Ziele sowie ein Dienstwagen, den jeder Mitarbeiter zur Verfügung gestellt bekommt. Darüber hinaus offeriere Booz Allen allen Angestellten die Möglichkeit auf Weiterbildung. Wer seinen Doktor machen wolle oder ein MBA-Programm, bekomme das "in den meisten Fällen" bezahlt, erläutert Dutzler die Firmenstrategie. Praktisch aus der Portokassa. Das 1914 gegründete Unternehmen machte im vorigen Jahr einen Umsatz von vier Milliarden Dollar.

"Up or go"-Modell

Bei Booz Allen ist der Karriereweg schon vorgezeichnet, referiert Dutzler. Einsteiger mit einem Uniabschluss würden zuerst als Senior Consultant (Dauer: 2 bis 3 Jahre) arbeiten, die nächste Stufe ist der Senior Associate (2-3 Jahre). Danach avanciert man zum Principal (3-4 Jahre). Die letzte Sprosse der Karriereleiter ist eine Firmenbeteiligung. Das "Step by Step"-Prinzip werde von den Mitarbeitern geschätzt. Es gebe kaum jemanden, der nicht in der Hierarchie aufsteigen wolle und zum Beispiel sein Leben lang als Senior Associate arbeiten möchte. Schon bei Dienstantritt werde den Beschäftigten vermittelt, dass bei Booz Allen ein "Up or go"-Modell herrsche. Die durchschnittliche Verweildauer in der Beratungsfirma betrage vier Jahre. Dutzler sieht sein Unternehmen auch als Sprungbrett in die Selbstständigkeit: "Viele, die uns verlassen, gründen dann ihre eigene Firma."

Bewerber müssen sich einem strengen Auswahlverfahren unterziehen, wo diverse Interviews und Tests auf dem Programm stünden, berichtet Dutzler von der "Eliteschmiede" Booz Allen. Im Schnitt könne jeder 100. Bewerber mit einer Einstellung rechnen. Der einfachste – und auch billigste Weg für das Unternehmen – sei aber eine Übernahme nach einem Praktikum. Ein Kontingent an Praktikaplätzen gebe es das ganze Jahr über und die Chancen auf einen Verbleib in der Firma stehen dann "nicht schlecht". (om, derStandard.at, 17.3.2008)