Ansichtssache: Gerichtszeichnungen von Oliver Schopf

Gerichtszeichnung: Oliver Schopf
Wien - Die "erkennungsdienstliche Behandlung" der Angeklagten am 80. Bawag-Verhandlungstag rief bei den Betroffenen unterschiedliche Reaktionen hervor. Während Wolfgang Flöttl nur anmerkte, das Abnehmen von Fingerabdrücken von seinen USA-Einreisen gewöhnt zu sein, verweigerten Johann Zwettler, Peter Nakowitz und Robert Reiter: Die "Maßnahme" sei rechtlich nicht gedeckt.

Warum man die Fingerabdrücke nahm (auch von U-Häftling Helmut Elsner), bleibt Spekulation. Einen Zusammenhang zum mysteriösen Aktenfund im Keller Walter Flöttls dementierte das Gericht.

Der Rest des Montags gehörte dem Sachverständigen Fritz Kleiner, der wieder Fragen von Elsners Anwalt Wolfgang Schubert zu seinem Gutachten beantwortete. Eine penible Prozedur, die an den Nerven der Beteiligten zerrte - die Auswirkung ließ Staatsanwalt Georg Krakow so protokollieren: "Herr Elsner tätigt erneut beleidigende Bemerkungen. Er fragte, wie lange er sich diesen Schwachsinn noch anhören müsse." Der Zwischenruf von Reiters Anwalt, Thomas Kralik ("Er fragt zu Recht"), wurde gleich dazuprotokolliert.

Die Ausführungen des Gutachters zur Investmentstrategie Flöttls brachten freilich Interessantes hervor - das Elsners Verteidiger als Entlastung für den Vorstand interpretiert. Es ging um die Frage, ob der Investor seine Strategie zwischen 1995 und dem Totalverlust 1998 verändert habe. "Hat Flöttl durchgehend hoch spekuliert oder ist er erst 1998 voll ins Risiko gegangen?", fragte Richterin Claudia Bandion-Ortner. Flöttl hatte es zuvor so ausgedrückt: "Ich habe völlig opportunistisch viele Strategien verfolgt." Gutachter Kleiner legte sich dann so fest: "Aus unseren Stichproben ist eine Verstärkung des Risikos ableitbar." Ob Flöttl das vertragsmäßig erlaubt war? Kleiner: "Er war nicht eingeschränkt."

Den Einwurf von Elsner-Anwalt Schubert, Flöttl habe aber die Verpflichtung gehabt, das Bawag-Geld zurückzuzahlen, hinterfragte die Richterin bei Johann Zwettler: "Warum haben sie Flöttl nicht geklagt?" Zwettler knapp: "Wir haben uns für einen anderen Weg entschieden." Wie der ging, ist bekannt: Flöttl gab der Bank Teile seines Vermögens, sie gab ihm frisches Geld. (Renate Graber, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 18.03.2008)