Über den Zankapfel Geschäftsmieten diskutierten (v. li.) Sabine Schober, Wolfgang Louzek, Johannes Stabentheiner und Werner Doralt.

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Der "Knopfkönig" in der Wiener Freisingergasse ist von den herrschenden Regelungen für Geschäftsraummieten nicht mehr betroffen. Er musste bereits 2004 zusperren. Die verbliebenen Traditionsgeschäfte in der Innenstadt aber haben neben dem Denkmalschutz weiter mit dem komplizierten Mietrechtsgesetz (MRG) zu kämpfen. Dieses ist vor allem den Hauseigentümern ein Dorn im Auge, denn es hält Altmieten niedrig und beschränkt die Gestaltung neuer Verträge.

Bei einer Standard-Podiumsdiskussion über den "Zankapfel Geschäftsraummieten" trafen vor kurzem Kritiker und Befürworter der Geltung des MRG für Geschäftsräume aufeinander. Wolfgang Louzek, Präsident der Vereinigung Institutioneller Immobilieninvestoren (VII), forderte eine völlige Herausnahme kommerzieller Mieten aus dem Mietrecht: "Es stehen sich schließlich zwei Unternehmer gegenüber. Der Mieter als Geschäftsmann und der Vermieter, der Geschäft aus der Miete schlägt. Und trotzdem tritt der Staat wie eine Gouvernante auf."

Gefragt, wo die konkreten Probleme bei Neuverträgen liegen, verwies Louzek auf die Schwierigkeit, Betriebs- und Erhaltungskosten mit dem Geschäftsmieter korrekt abzurechnen, wenn im gleichen Haus auch Wohnungen sind, und auf die ständige Gefahr, dass der Mieter trotz befristeter Verträge plötzlich unkündbar gestellt werden könnte.

Der wahre Sprengstoff aber liegt in den häufig weit unter dem Marktniveau liegenden Altmieten, vor allem in innenstädtischen Luxuslagen. Hier hat der Gesetzgeber 1994 liberalisiert, als er bei Unternehmensverkauf oder "Kontrollwechsel" des Mieters eine Mietanpassung ermöglichte.

"Brutale Enteignung"

Was Louzek zu wenig ist, war für den Finanzrechtler Werner Doralt bereits eine "Enteignung brutalster Art". Schließlich hatten sich die Mieter die niedrigen Mieten einst mit hohen Ablösen erkauft. "Das war zwar nicht legal, aber offenkundig moralisch okay. Die Gesellschaft hat das damals akzeptiert", sagt Doralt. Die Mietfreigabe beim Kontrollwechsel habe Immobilienbesitzern Wertsteigerungen um das Hundertfache beschert, "ohne dass sie einen Finger rühren mussten".

Auf diese emotionelle Kritik antwortete Louzek mit dem Hinweis, viele dieser billigen Mietrechte "wurden vor 50 Jahren um einen Pappenstiel erstanden. Man muss das anpassen, die Wirtschaft entwickelt sich schließlich weiter!"

Auch Sabine Schober von der Beratungsgesellschaft "Standort und Markt" hält wenig vom Mietrecht für Handelsbetriebe. Diese würden oft von selbst in neue Standorte ausweichen, wo sie sich nicht mit den komplizierten Regelungen herumschlagen müssten: "Die Mieter, die sich nicht anpassen wollen oder können, flüchten aus der Innenstadt." Der Versuch, übers Mietrecht alte Geschäfte vor dem Zusperren zu retten, sei untauglich. Schober: "Wenn das der Politik ein Anliegen ist, dann muss sie es anders machen, etwa durch Beihilfen."

Johannes Stabentheiner, Mietrechtsexperte im Justizministerium, betonte, dass Geschäftsmieten bereits jetzt viel liberaler gehandhabt werden als Wohnungsmieten. Die Novellen von 2000 und 2002 hätten die Gestaltungsmöglichkeiten des Vermieters weiter vergrößert. So könne die Befristung frei gewählt werden. Aber überall, wo sich Wohnungen und Geschäfte im gleichen Haus befinden, sei eine völlige Freigabe weder wünschenswert noch machbar, warnte er.

Von der Politik sei keine Reform zu erwarten, glaubt Stabentheiner: "Im Moment ist kein realer politischer Wille für einen marktliberalen Schritt da." Eine kleine Forderung der Immobilienbranche aber könnte laut Stabentheiner sehr wohl erfüllt werden: Er könne sich vorstellen, dass eindeutig gewidmete Objekte für Einkaufszentren oder Bürohäuser aus dem MRG herausgenommen werden. (Karin Jirku, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 19.03.2008)