Viele Stiegenspindeln sind sehr eng, kostspielige Maßarbeit ist dann unumgänglich.

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Das Kind im einen Arm, die Einkaufstasche im anderen – wer sich auf diese Weise tagtäglich zu seiner Wohnung hinaufschleppt, wird oft verständnislos angeschaut. Der fehlende Komfort in der Überwindung der Höhenmeter hat einen Grund. "Bei einem Haus mit drei bis vier Geschoßen rechnet sich kein Aufzug", weiß Udo Bichler von der Gebäudeverwaltung Rustler.

Für den nachträglichen Einbau einer Aufzuganlage muss man mit Kosten von rund 100.000 Euro rechnen. Eine solche Investition mache meist nur dann Sinn, wenn der Ausbau Hand in Hand mit einem Dachgeschoß-Ausbau geht, sagt der Immobilienexperte. "Ohne einen Aufzug wären Dachgeschoßwohnungen nicht zu vermieten", sagt Bichler, "einem Mieter, der so viel Geld für seine Wohnung über den Dächern der Stadt zahlt, kann man nicht zumuten, den Weg nach oben zu Fuß anzutreten." Außerdem: Ohne Lift keine Baubewilligung für den Dachausbau.

Kostspielige Maßarbeit

Bei Neubauten gehören Lifte längst zum Standard, bei Altbauten müssen sie oft nachträglich eingebaut werden. Die räumlichen Möglichkeiten hierfür sind jedoch begrenzt. Man kann ihn in die Stiegenspindel einbauen oder aber außen ans Haus setzen, was in den meisten Fällen auf der Hofseite stattfindet. Für den Einbau im Gebäudeinneren spricht, dass der Aufzug keinen Witterungseinflüssen ausgesetzt ist und leicht in jedem Geschoß angebunden werden kann. Die einzige Problematik ist, dass viele Stiegenspindeln sehr eng sind – kostspielige Maßarbeit ist dann unumgänglich.

"Hinzu kommt die Tatsache, dass sich in den Stiegenspindeln kaum jemals ein behindertengerechter Aufzug ausgeht", erklärt Thomas Gärtner, der mit seiner Firma TG Consult eine unabhängige Aufzugsberatung anbietet. Ausnahmen hinsichtlich Behindertentauglichkeit sind nur dann erlaubt, wenn der Aufwand unproportional hoch ist.

Als schwierig und aufwändig stellt sich oft auch die Kellerhaltestelle heraus. In der Stiegenspindel kollidiert die Kellerabfahrt manchmal mit den Stiegenfundamenten und verursacht eine Veränderung der Treppenstatik. Bei einem hofseitigen Anbau hingegen ist mit einem Schacht von drei bis vier Meter Tiefe zu rechnen. Der Schutt muss dann händisch abtransportiert werden. Und das kostet.

Besonders beliebt im Falle eines nachträglichen Lifteinbaus sind Stahl-Glas-Konstruktionen – sie sind platzsparend und nehmen kein Licht weg. Liegt der Aufzug im Außenbereich, ist eine massive Schachtlösung zu bevorzugen, rät Thomas Gärtner. Grund sind die großen Temperaturschwankungen zwischen Sommer und Winter. "Von den Herstellern gibt es vordefinierte Schachttemperaturen. Bei zu hohen Temperaturen fährt der Aufzug schlicht und einfach nicht mehr."

Wohin mit der Technik?

Nicht nur auf die Kabinengröße, auch auf die Technik wirkt sich der zur Verfügung stehende Platz aus. Weit verbreitet ist der triebwerklose Lift, der ohne zusätzlichen Technikraum auskommt und einen geringen Stromverbrauch aufweist. Der hydraulische Aufzug, bei dem die gesamte Technik im Keller untergebracht wird, nimmt zwar mehr Platz in Anspruch, hat im Hinblick auf die Sicherheit jedoch die Nase vorn. Da sich das Triebwerk unten befindet, ist bei Erdbeben und bei Feuer ein Notbetrieb möglich.

Wer sich für den nachträglichen Einbau entschieden hat, muss sich etwa ein Jahr lang gedulden. So lange dauert es vom Planungsbeginn bis zur Fertigstellung. Fährt der Aufzug erst einmal, dann spielen nicht nur die Investitions-, sondern auch die Betriebskosten eine Rolle. Udo Bichler kann genaue Zahlen nennen: Ein neuer Aufzug kostet im Betrieb und in der Wartung jedes Jahr rund 2.500 Euro netto. Dieser Betrag wird anteilig auf die jeweilige Wohnnutzfläche umgelegt, wobei Parteien im Erdgeschoß meist nicht mitgerechnet werden. Mit einer Kostenbeteiligung der Erdgeschoßbewohner ist wohl kaum zu rechnen.

Kein Mieter kann verpflichtet werden

Wichtiger Hinweis: Investitions- und Betriebskosten können bei einem nachträglichen Einbau nur an jene Mieter weiterverrechnet werden, die auch freiwillig dazu bereit sind zu zahlen, erklärt Bichler. Man könne keinen dazu verpflichten. Er rät deshalb zu einem Betrieb mit Schlüssel. So können nur jene Mieter den Aufzug verwenden, die für den neu entstandenen Komfort auch zahlen. Experten schätzen, dass jeder achte Aufzug in Wien über eine solche Schlüsselsperre verfügt. (Anne Isopp, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 15./16.3.2008)