Bezirksvorsteherin Malyar (SP) bekämpft Spielhöllen.

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Wien – Den Münzspielautomaten soll es in Wien-Alsergrund an den Kragen gehen. Doch wo die Parteien im Bezirk geschlossen gegen das kleine Glücksspiel vorgehen, steht ihnen die Stadt Wien im Weg. "Ich habe pro Woche mehr als zehn Konzessionsansuchen für Münzspielapparate auf dem Schreibtisch liegen. Und alles was ich tun kann, ist eine Stellungnahme abgeben. Verhindern können wir hier nichts", sagt Martina Malyar (SP), seit fünf Jahren Bezirksvorsteherin im 9. Bezirk. Dabei leide der Bezirk darunter, dass die Spiellokale wie Pilze aus dem Boden schießen. Schauplatz ist vor allem die Alserbachstraße. "Die Gegend versandelt", sagt Malyar. Wegen des kleinen Glücksspiels gebe es mehr Überfälle und es habe auch im Sozialbereich Folgen. "Denn meistens verspielen die Männer das Geld und die Familie leidet", erklärt die Bezirksvorsteherin, der bei diesem Thema das G'impfte aufsteigt. 100.000 Spielsüchtige und Spielsuchtgefährdete gibt es in Wien.

In der Alserbachstraße vom Gürtel kommend stehen viele Geschäfte und Lokale leer. Nach und nach werden sie in Spiellokale umgewandelt. Teilweise "mit dem Geldkoffer in der Hand", hätten die neuen Besitzer den Eingesessenen die Lokale abgelöst, erzählt die rote Politikerin. In einem gemeinsamen Antrag haben SPÖ, Grüne, ÖVP und FPÖ verstärkte Kontrollen und unangemeldete Überprüfungen der Spiellokale gefordert. Der Automatenverband habe sich daraufhin schon gemeldet und die Kontrollen für gut befunden, erzählt Martina Malyar. Was darauf hindeute, dass dem Verband der Widerstand nicht gleichgültig sei.

Daran, dass die Stadt am kleinen Glücksspiel mitverdiene, zeige sich, "dass das Fressen vor der Moral kommt." 2007 hat die Stadt laut Wiener Grünen fast 50 Millionen Euro aus Abgaben der Spielhallenbetreiber eingenommen.

Teures Pflaster

Von der Alserbachstraße Richtung Innenstadt kommt man in das Servitenviertel. In den vergangenen Jahren stiegen dort die Mietpreise. Um wie viel, lasse sich nicht genau sagen, meint Malyar. Im Servitenviertel ist auch etwas anderes gewachsen: Das soziale Engagement. Die Anrainer in der Servitengasse haben den Verein Servitengasse 1938 gegründet und in den vergangenen vier Jahren die Geschichte der jüdischen Bewohner ihrer Straße nachgespürt, die im Nationalsozialismus vertrieben und ermordet worden waren. Am 8. April wird ein Gedenksymbol in der Servitengasse enthüllt. Es ist eine im Boden eingelassene Glasvitrine, die 462 Schlüssel mit Namensschildern der NS-Opfer enthält. "Gut, dass Projekte zum Gedenken nicht ausgeschrieben und dann an SP-nahe Unternehmen vergeben werden, sondern, dass die Bewohner selbst etwas machen", sagt Stefan Freytag von den Grünen. (Marijana Miljkovic, DER STANDARD - Printausgabe, 22./23./24. März 2008)