Michael Kaiser (TU Career Center GmbH) referierte zum Thema "War for talents" durch "Employer Branding".

Foto: derStandard.at
Die Situation ist bekanntlich etwas paradox. Einerseits sind trotz der Entspannung am Arbeitsmarkt noch immer genügend Leute auf Jobsuche, andererseits finden viele Unternehmen kein geeignetes Personal. Laut einer Untersuchung bewerben sich in Österreich 50 Prozent der Universitätsabsolventen von gewissen Studienrichtungen bei weniger als zehn verschiedenen Betrieben. Um in den Kreis der "Employer of Choice" zu kommen, sollten Firmen einen strategischen Ansatz bei der Personalrekrutierung verfolgen. Employer Branding nennt sich das potenzielle "Erfolgsgeheimnis".

Firmen präsentieren nicht ihre Produkte, sondern positionieren sich selbst als Marke. Das erfolgreiche Unternehmen von morgen müsse schon heute mit "aktiver Personalarbeit" beginnen, referierte Michael Kaiser, Geschäftsführer des TU Career Center, beim jüngsten HRCircle in Wien.

"Positive Bilder verankern"

Der demografische Wandel und der damit einhergehende Mangel an jüngeren, gut qualifizierten Arbeitskräften würde Unternehmen zu Investitionen in die Mitarbeitersuche zwingen. Es gehe darum, "positive Bilder" in den Köpfen der Arbeitnehmer zu verankern, meint Kaiser. Firmen müssten ihre Vorzüge als Arbeitgeber nicht nur leben, sondern "gezielt kommunizieren". Mit gutem Employer Branding könne in der jeweiligen Zielgruppe Bekanntheit und Beliebtheit gesteigert werden. Diese zwei "Erfolgsfaktoren" korrelieren miteinander. Studien hätten gezeigt, dass bekannte Unternehmensmarken im Ranking der beliebtesten Arbeitgeber stets die Nase vorne haben.

"Zumeist hat es Imagegründe, wenn sich Leute nicht bei einem Unternehmen bewerben", berichtet Kaiser. Die Selektionsmechanismen wären etwa ein schlechtes Betriebsklima, keine adäquate Bezahlung oder nicht vorhandene Aufstiegschancen. Ein einmal ramponiertes Image einer Firma lasse sich nicht so schnell wieder korrigieren. Employer Branding sei ein reziproker Prozess und nicht nur reines Personalrekrutierungsinstrument. Der Mehrwert müsse sich sowohl auf Seite des Unternehmens als auch auf Arbeitnehmerseite manifestieren.

Marktwert steigern

Wenn ein Unternehmen ein positives Image hat, reduziere sich beim Bewerber das Risiko, an den falschen Arbeitgeber zu geraten. "Dienstnehmer können ihren eigenen Marktwert steigern, wenn sie bei einer renommierten Firma beschäftigt sind", so Kaiser. Prestige, Reputation und Identifikation mit den Werten seien für viele wichtige Kriterien bei der Jobsuche. Wenn ein Betrieb mit diesen Attributen assoziiert wird, dann erhöhe das die Motivation der Mitarbeiter und die Bindung an die Firma. Attraktive Arbeitgeber könnten mit einer qualitativen und quantitativen Zunahme an Bewerbungen rechnen, was wiederum die Kosten fürs Recruitung reduziere, glaubt Kaiser.

Verschiedene Ebenen der Beziehungen

Der Leiter des TU Career Center betont, dass Employer Branding als "langfristiger Prozess" zu verstehen sei, der permanent auf der Agenda eines Unternehmens stehen sollte. Firmen müssten dabei frühzeitig eine Beziehung zu potenziellen Mitarbeitern aufbauen, schon Jahre vor dem eigentlichen Einstieg.

Eine Möglichkeit wäre, Studenten bereits kurz nach ihrem Studienbeginn gezielt anzusprechen. Diese "Beziehungsanbahnung" könne etwa über Jobbörsen, Imageanzeigen und PR-Arbeit erfolgen. Der nächste Schritt sei die "Beziehungsaufnahme" mittels Firmenpräsentationen, Jobmessen oder Exkursionen. Die anschließende "Beziehungsverdichtung" könne via Personalrecruitingevents, Diplom- und Projektarbeiten über die Bühne gehen. In der Phase der "Beziehungspflege" könnten etwa Einladungen zu Firmenfeiern, Newsletterversand oder die Mitarbeiterzeitschrift als Instrumente fungieren.

"Vom Groben ins Feine"

Nicht zuletzt ist auch die "Beziehungsauflösung" von entscheidender Bedeutung. "Es ist auch wichtig, dass jemand, der das Unternehmen verlässt, danach nicht schlecht über seinen ehemaligen Arbeitgeber redet", meint Kaiser, der für eine "einvernehmliche Trennungskultur" plädiert. Grundsätzlich gelte bei der Kommunikation die Devise: "Vom Groben ins Feine." Wenn eine Firma schon über einen hohen Bekanntheitsgrad verfüge, dann sei die "individuelle Ebene" essenzieller als die unpersönliche Kontaktaufnahme.

Employer Branding Identität

Wichtig sei ein "strategischer Ansatz" beim Employer Branding Prozess, so Kaiser. Am Anfang stehe die "Analyse des Bewerbermarktes" und eine Definition der Ziele: "Was genau will ich erreichen." Danach gehe es um die Entwicklung einer Employer Branding Identität, gepaart mit der Implementierung der Maßnahmen. Erhebungen bei der Zielgruppe vor dem Beginn und nach dem Auslaufen der Kampagne könnten Aufschluss geben, ob die Strategie erfolgreich war.

Nutzen schwer quantifizierbar

Ob das Maßnahmenpaket zur aktiven Mitarbeitergewinnung dann auch tatsächlich gegriffen hat, lasse sich in Form einer reinen Kosten-Nutzen-Rechnung nur sehr schwer manifest machen. Gewisse Indikatoren gebe es aber doch: Etwa ein Mehr an passenden Bewerbungen, eine geringere Mitarbeiterfluktuation oder eine höhere Produktivitätsrate.

Employer Branding stecke in Österreich erst in den Kinderschuhen. "In Deutschland gibt es zum Beispiel schon eine eigene Akademie dafür", berichtet Kaiser. Vor dem Hintergrund der Knappheit an Fach- und Führungskräften werde das Thema aber auch hierzulande sukzessive an Bedeutung gewinnen, ist Kaiser überzeugt. (om, derStandard.at, 24.3.2008)