Mehr Bilder von der schlammigen Reise gibt es in der Ansichtssache.

Foto: Gerald Henzinger
Die letzten Tage unseres Hochlandauftenthalts verbrachten wir in La Paz. Unter anderem besichtigten wir die archäologische Ausgrabungsstätte Tihuanaco. Aber es wurde Zeit für wärmere Gefilde - auf in den Osten Boliviens!

Wir setzten uns also wieder in den Bus und mittels eines 18-Stunden-Ritts begaben wir uns nach Santa Cruz. Dort eine Nacht verweilt, ging’s weiter ins Umland, nach Samaipata. Ein kleines Bergdörfchen mit dem Nationalpark „Amboro“, dem Inkaheiligtum „El Fuerte“ und einem überhaupt sehr nettem Ambiente. Bleiben wollten wir erstmal zwei Tage, aber das Wetter macht uns einen Strich durch die Rechnung und wir mussten beim Versuch den Ort zu verlassen, aufgeben und zurückkehren.



Alarmstufe Rot

Die massiven Regenfälle verursachten Erdrutsche und Murenabgänge und in der ganzen Region wurde Alarmstufe Rot ausgerufen. Als wir tags darauf mit Entsetzten feststellten, dass die Straße nach Santa Cruz für weitere zwei Wochen gesperrt bleiben wird, mussten wir nach Alternativen suchen. Dort war es zwar wunderschön, aber wir wollten einfach weiterziehen. Zwei Möglichkeiten gab es schlussendlich: entweder sich per Hubschrauber ausfliegen zu lassen, oder etwas abenteuerlicher, die Erdrutsche zu Fuß zu passieren.

Weiterstapfen

Wir ließen uns also bis zum ersten mit dem Auto nicht passierbaren Erdrutsch bringen, fest entschlossen nach Santa Cruz weiterzukommen. Bolivien ist ja bekannt für seine Selbstorganisation und als wir dort ankamen, warteten bereits Menschen, die an diesem Tag ihr Geld damit verdienten, Passagieren beim Überwinden der Mure mit ihrem Gepäck behilflich zu sein. Der frisch getretene Steig – wir waren natürlich nicht die einzigen, die rüber mussten - führte durch Schlamm und ging bis hinunter zum Rio Pirai und dann wieder hinauf zur Straße.

Nun waren wir auf der anderen Seite, allerdings konnte uns auch dort niemand sagen, ob es überhaupt möglich ist, bis Santa Cruz zu kommen. Jetzt war mal Marschieren angesagt, schlussendlich sind wir nach drei Stunden Fußmarsch bei der nächsten großen Mure angelangt, wo dutzende beladene LKWs darauf warten, dass die Strasse wieder passierbar gemacht wurde. Da es sich bei den Ladungen meist um Gemüse oder Früchte handelte, wurde fleißig aussortiert, denn einiges war schon schlecht geworden. Das andere galt es so schnell wie möglich wegzuschaffen. Während wir also mit unseren Rucksäcken wieder durch den Schlamm, die Steine und das Gestrüpp wateten, schleppten die Bolivianer ihr Gemüse in Kisten hinüber.

Gemüsetransport im Taxi

Drüben gab’s dann wieder Fortbewegungsmittel und sowohl wir als auch das Gemüse wurden in Taxis verfrachten, und die abenteuerliche Reise konnte fortgesetzt werden... bis zum nächsten Brückeneinsturz. Wieder raus aus dem Fahrzeug, Bachbett durchqueren, rein ins nächste Fahrzeug. Und noch einmal das gleiche, dann waren wir endlich angekommen. Es ist leider nicht für alle Menschen so glimpflich verlaufen wie für uns beide. Menschen sind gestorben, es wurden ganze Häuser zerstört, die Infrastruktur der Region wurde beschädigt und der Preis für Gemüse im gesamten Departemento Santa Cruz ist dreimal so hoch wie normal.

Schlammbad

In Santa Cruz angekommen, gewährten uns wieder einmal Trudi und Irmgard Unterschlupf. Die beiden leben seit einigen Jahrzehnten in Bolivien und waren an der Granja Hogar in San Ignacio tätig. Wieder sauber und gestärkt machten wir uns auf den Weg nach San Iganacio, um ebenjene Granja zu besuchen. Doch „La Niña“ ruhte noch immer nicht, und die letzten 160 Kilometer, die nicht asphaltiert sind, glichen mehr einem Schlammbad als einer Strasse. Der Bus rutschte in alle Richtungen und nicht nur einmal stand er quer und musste angeschoben werden.



Für die Straßenverhältnisse sind wir wohlbehalten (fast) angekommen. Zehn Kilometer vor der Stadt war allerdings Endstation. Ein Lastwagen kippte mitsamt einem Teil der Straße in den anliegenden Teich und wir mussten wieder einmal durch hüfthohes Wasser waten um weiterzukommen. In San Ignacio mit dem Taxi angekommen, erwarten uns bereits Geralds Comadre Margarita, Compadre Jorge und die gesamte Familie, die uns liebevoll aufnahmen. San Ignacio war für Gerald eineinhalb Jahre lang eine zweite Heimat und umso größer war die Freude beim Wiedersehen. Hier werden wir ein Weilchen bleiben, Freunde besuchen, aufs Land raus fahren, die umliegenden Dörfer besuchen, sicherlich auch etwas feiern, die Karwoche mit ihren Bräuchen miterleben und einfach ein bisschen entspannen. (Gerald & Eva)