Für den Experten Christian Schmaus hat das Urteil des Deutschen Bundesverfassungsgerichts (BVG) zur Vorratsdatenspeicherung Signalwirkung für Österreich. Der Jurist des Ludwig Boltzmann Instituts für Menschenrechte sieht zumindest einen "Warnschuss" für Innenminister Günther Platter, der - im Gegensatz zum Infrastrukturministerium - die Daten ein Jahr lang gespeichert sehen will. Schmaus plädiert für eine Minimalumsetzung der EU-Richtlinie mit einer Speicherdauer von sechs Monaten.

Blick auf Deutschland

"Es wäre sinnvoll, mit Blick auf Deutschland zu sehen, wie sich die Situation weiterentwickelt", fordert Schmaus im Gespräch mit der APA Geduld. Nach dem dort verkündeten Eilbeschluss des BVG dürfen die Daten zwar ein halbes Jahr lang gespeichert werden. Sie dürften jedoch nur für Ermittlungsverfahren wegen einer schweren Straftat an die Behörden weiter geleitet werden. Dies war zuvor einfacher möglich. In Österreich besteht noch keine Einigkeit über den Strafrahmen, aber auch hier solle "unbedingt erst nach einer richterlichen Genehmigung" abgefragt werden, so Schmaus.

Grundrechte

Für den Juristen sind Parallelen zu Deutschland zulässig, da die Grundrechte in beiden Staaten vergleichbar seien. Grundsätzlich sieht er diese durch die umstrittene Speicherung von Kommunikationsdaten in Gefahr - nicht zuletzt, weil dadurch jede Person pauschal für verdächtig erklärt werde. Herausgenommen werden sollen aus dem Gesetzesentwurf besonders geschützte Kommunikationsbereiche wie etwa Gespräche mit dem Arzt oder einem Seelsorger. Schmaus spricht von "sensiblen Daten", welche die privateste Sphäre betreffen. Zu den "Nebenwirkungen" könnte sonst ein gewisser "Einschüchterungseffekt" zählen - zulasten des Kommunikationsverhaltens.

Was Schmaus noch stört: Dass an der Umsetzung der EU-Richtlinie seit jeher im stillen Kämmerlein gearbeitet worden sei - ohne große öffentliche Diskussion. Aus diesem Grund sei auch die Haltung der Öffentlichkeit gegenüber der Vorratsdatenspeicherung - der Name "Data Retention" ist auch nicht weniger sperrig - eher eine gleichgültige. Und so würden auch kaum Informationen über die Umsetzung der Richtlinie - in Österreich überwiegend im Telekommunikationsgesetz geregelt - bekanntwerden. "Je genauer, desto besser", wünscht sich Schmaus zumindest ein gut ausgearbeitetes Gesetz. So müsse klar definiert werden, wer aus den gespeicherten Daten abfragen darf und wer nicht.

LIF

Was Schmaus fordert ist auch Standpunkt des Liberalen Forums: Eine inhaltliche Änderung der Richtlinie aufgrund eines "unverhältnismäßigen Grundrechtseingriffs" sowie eine Nichtumsetzung - wenigstens - bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs über die von Irland und der Slowakei eingebrachten Klagen. Weiters pocht LIF-Chef Alexander Zach auf eine Minimalumsetzung der Richtlinie. Dies würde eine Speicherfrist von sechs Monaten, die Einschränkung auf schwere Verbrechenstatbestände sowie deren genaue Beschreibung, und eine nachträgliche Informationspflicht beinhalten. Auch die Einholung einer richterlichen Genehmigung vor Setzung der Überwachungsmaßnahme verlangt das LIF.(APA)