Aids Wolf: "Wir machen nicht wirklich Musik, sondern Geräusche"

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Die jungen Wilden aus Kalifornien: Health

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Die Party passiert hier: Mit dem britischen Musikerkollektiv The Go! Team

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Vedette: eine infame Melange aus Ambient, knisternden Beats und zerdehnten Soundscapes

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Am 2. Mai testet das donaufestival 08 Grenzen aus: In seinem Sammelsurium aus Zwanghaftem und Beängstigendem, in der Fluchtlinie wahrer Schönheit wartet es mit experimentellen Noise-Attacken von Aids Wolf, Elektronikdrones von Health und psychedelischen Soundscapes von Vedette auf. Am anderen Ende dieses Spectrums steht The Go! Team: Die Briten lassen es mit euphorischer Soulmusik klingeln.

Experimentelle Noise-Attacken

Das Quartett Aids Wolf pflegt eine musikalische Nahbeziehung zum Hass. Die vier Kanadier stehen für Experimental-Noise der Marke "durchgeknallt". Special Deluxe, Hiroshima Thunder, Him und Barbarian Destroyer liefern eine gewalttätige Mixtur aus wimmernden Gitarren und Tribal Beats, bei denen das Blech ordentlich scheppert. Die kindlich jammernde Stimme von Special Deluxe verweigert sich konventionellen Songstrukturen. Und überhaupt wehren sich die KünstlerInnen, ihre Arbeit als "Musik" einzuorndnen: „Das ist das ärgerlichste für uns. Wir machen nicht wirklich Musik. Wir versuchen, Geräusche zu machen, hypnotische Tonalitäten aus dem Weltraum.“

Grandios geklaut: Health, die jungen Wilden aus Kalifornien, warten mit einem Noisemix auf, der treibende Beats in Elektronikdrones kollabieren lässt. Das Ergebnis sind leidenschaftliche Walls of Sound, untermalt von abstrakten Gesängen. Ihr Debut-Album nahm die Band bezeichnender Weise nicht in einem Studio auf, wo man von sämtlichen Geräuschen außer dem eigenen Herzschlag abgeschirmt ist, sondern in The Smell: einem Veranstaltungsort in Los Angeles Downtwon – offen, schmutzig, dunkel – aber wenn man dort eine Kirchenhymne anstimmt oder so hart wie möglich auf das Schlagzeug einschlägt, klingt es wunderschön - für ihr Album haben Health beides gemacht.

Irrwitz und Euphorie

Für DIE Party des Festivals sorgt an diesem Abend das Go! Team. Die britische Multikultitruppe lässt es an allen Ecken und Enden klingeln, damit es richtig groovt. Ihre euphorische Soulmusik mutet schon fast irrwitzig an. Sein Ruf als formidable Live-Band eilt dem sechsköpfigen Musikerkollektiv voraus – seine Bühnenqualitäten sind unbestritten: Ein Schlagzeug ist dem Go! Team zu wenig, bei einem Auftritt werden zwei strapaziert. Die Bandmitglieder wechseln ständig die Instrumente, nach jedem Lied wird in hektischen Quer-über-die –Bühne-Sprints getauscht. Mit ihren Tanzeinlagen und einer Mischung aus Rap und Gesang verdienen die Briten das Prädikat „speziell“. Mit ihrem neuen Album Proof of Youth beweisen sie vor allem eines: The Go! Team steht für Abenteuer in Audio.

Psychedelische Soundscapes

Zu mitternächtlicher Stunden geben Vedette ihr Österreich-Debüt: Ein Engländer und ein Schweizer füttern das Unterbewusstsein ihres Publikums mit einer infamen Melange aus Ambient, knisternden Beats und zerdehnten Soundscapes. Neil Carlill, Gründungsmitglied der UK-Band Delicatessen und Manuel Stagars, Komponist, Künstler und Produzent liefern für das donaufestival 08 so etwas wie ein Hörspiel in der Tarnung einer dadaistischen Meditationskassette, die nach dem Einnicken für schwere labyrinthische Albträume verursacht.