"Moscheen mit Minaretten wären eine Gefährdung des sozialen Friedens" - Die Aussagen des Bischofs Elmar Fischer sorgen für Aufruhr. In einem offenen Brief grenzen sich nun Theologen und katholische Persönlichkeiten* von ihm ab.

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Sehr geehrter Herr Diözesanbischof Fischer! Mit großer Betroffenheit haben wir Ihre jüngsten Stellungnahmen zum Thema Islam und Moscheebauten in Vorarlberg zur Kenntnis genommen.

Betroffen deshalb, weil die offizielle Verpflichtung der katholischen Kirche auf eine dialogische, wertschätzende Haltung gegenüber dem Islam, wie sie das Zweite Vatikanische Konzil beschlossen hat, eine wertvolle Errungenschaft ist, die nicht in Frage gestellt werden sollte: "Mit Wertschätzung betrachtet die Kirche auch die Muslime" (Nostra aetate 3), die "mit uns den einzigen Gott anbeten" (Lumen gentium 16). Diese Haltung gegenüber dem Islam, die die höchste Lehrautorität der katholischen Kirche - das Konzil in Verbindung mit dem Papst - festgelegt hat, unterstreicht die Gemeinsamkeiten zwischen Christen und Muslimen, ohne die Unterschiede zu ignorieren. Damit folgen die Konzilstexte über die Haltung der Kirche zu den anderen Religionen der grundsätzlichen Methode, die Papst Johannes XXIII. so formuliert hat: "Das suchen, was vereint, und das beiseite legen, was trennt". Mit dieser Grundhaltung ist die Kirche in den letzten Jahrzehnten klug gefahren, und die Beziehungen vor allem zu den Juden und Muslimen konnten wesentlich verbessert werden.

Ihre Aussagen, Herr Bischof, betonen dagegen die Abgrenzung und die Distanz. Wir fürchten, dass Ihre jüngste Stellungnahme als Beleg dafür verstanden werden könnte, dass unsere Kirche von dieser Grundlinie des Dialogs, der Verständigung und der Suche nach dem Gemeinsamen abrückt. Wir fragen uns: Wenn die Muslime "mit uns" den gleichen, einen Gott anbeten - und keinen anderen, falschen Gott oder Götzen! - welchen Grund sollten wir Katholiken dann haben, den Bau von Moscheen, in dem sie das tun, zu fürchten, abzulehnen oder gar zu bekämpfen?

Subjektiv mag es so sein, dass Ihnen der Islam als "ganz Fremdes" entgegentritt, wie Sie ausgeführt haben. Aber ist es nicht seit dem Konzil die Pflicht der Katholiken, den islamischen Glauben und die Muslime kennen zu lernen, mit ihnen vertraut zu werden, um in großer Gelassenheit ein offenes, konstruktives und auch kritisches Gespräch mit ihnen zu führen? Und sollte nicht ein Bischof der erste sein, der alles dazu beiträgt, dass Spannungen, Vorurteile, Misstrauen zwischen Christen und Muslime abgebaut werden?

In seiner Rede beim Besuch der Omaijadenmoschee am 6. Mai 2001 sagte Papst Johannes Paul II.: "Es ist meine sehnliche Hoffnung, dass die muslimischen und christlichen Religionsführer und Lehrer unsere beiden großen Gemeinschaften als Gemeinschaften in respektvollem Dialog darstellen und niemals mehr als im Konflikt stehende Gemeinschaften." Und weiter: "Ein besseres gegenseitiges Verständnis wird auf praktischer Ebene gewiss dazu führen, unsere beiden Religionen auf neue Art und Weise darzustellen: Nicht als Gegner, wie es in der Vergangenheit allzu oft geschehen ist, sondern als Partner für das Wohl der Menschheitsfamilie."

Wie Sie wissen, wurde 1995 im Zentrum der katholischen Christenheit, in Rom, eine der größten Moscheen in Europa für 2000 Gläubige eröffnet. An der Eröffnung nahmen neben dem Staatspräsidenten auch hochrangige Vertreter des Vatikans teil. Der Papst selbst nahm dazu am Tag der Eröffnung Stellung: "Dieses Ereignis ist ein deutliches Zeichen der Religionsfreiheit, die hier jedem Gläubigen zuerkannt wird. Und es ist bezeichnend, dass in Rom, dem Zentrum der Christenheit und Sitz des Nachfolgers des Petrus, die Muslime eine eigene Kultstätte in voller Achtung ihrer Gewissensfreiheit haben." Und er fügt an: "Bei aller Freude, dass die Muslime sich in der neuen Moschee von Rom zum Gebet versammeln können, hoffe ich lebhaft, dass den Christen und allen Gläubigen in allen Teilen der Welt das Recht zuerkannt wird, ihren Glauben frei zum Ausdruck zu bringen." (OR 22.6.1995) Das sind klare, berechtigte Worte - gleichzeitig findet sich in der Rede keinerlei Anflug der Forderung nach einer prinzipiellen, konditionalen Reziprozität. Wenn also eine Moschee in Rom möglich ist, sollte sie in Bludenz unmöglich sein?

Das Konzil hat in seiner Erklärung zur Religionsfreiheit Dignitatis humanae festgestellt, dass das Recht auf Religionsfreiheit in der Würde der menschlichen Person gegründet ist (Nr. 2). Diese Freiheit kommt auch religiösen Gemeinschaften zu, u. a. bei der Errichtung religiöser Gebäude (Nr. 4). Die Gewährung des fundamentalen Rechts auf Religionsfreiheit kann deshalb nicht von der Haltung der Mehrheitsbevölkerung abhängig gemacht werden, wie Sie, Herr Bischof, in Ihrer Aussendung vom 29. Februar festgestellt haben. Das Religionsrecht bietet für eine solche Bedingung keine sachliche Grundlegung.

In ihrer jüngsten Presseaussendung stellen Sie fest: "Moscheen mit Minaretten wären eine Provokation und krasse Gefährdung des sozialen Friedens." In unserer Sicht sind es nicht die Muslime, die den sozialen Frieden gefährden, wenn sie dieses in der Verfassung verankerte und von der katholischen Kirche in Dignitatis humane verteidigte Recht in Anspruch nehmen, sondern jene politischen Gruppierungen in ganz Europa, die gegen den Islam hetzen und eine vorhandene Islamangst und -feindlichkeit noch weiter schüren, um sie gezielt für ihre politische Zwecke zu instrumentalisieren.

Die katholische Kirche hat die Pflicht, alles dafür zu tun, um zum sozialen Frieden und zum konstruktiven Zusammenleben von Muslimen und Christen beizutragen, indem sie nicht den Weg der Konfrontation betritt, sondern den Weg des Dialogs weitergeht und intensiviert. (DER STANDARD, Printausgabe, 9.4.2008)