Nachhaltig denken und handeln: "Tüwis Hofladen" ist eines der durch den Sustainability-Award ausgezeichneten Projekte.

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Darunter zweifach die Boku, für ihren Entwicklungsplan und "Tüwis Hofladen". Sie setzt bewusst verstärkt auf dieses Thema, um so auch ihre Wettbewerbsposition zu stärken.

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Am Eingang passiert man eine "Kost-nix-Ecke", in der alte Kleidungsstücke zur freien Entnahme bereitstehen. Körbe voll frischer Krautköpfe, Erdäpfeln und Obst stehen zwischen Holzregalen, auf denen sich bunte, teilweise handbeschriftete Bio- und Fair- Trade-Produkte stapeln. Ausgetriebene Zwiebeln liegen in einem Körbchen an der Theke und werden verschenkt. Ein geblümtes Leintuch, umfunktioniert zu einem Transparent für Feminismus, hängt über einem kleinen Kühlregal, das Joghurt und Tofu beherbergt. - Der studentische Verein "Tüwi - Forum für Integration, Kommunikation und Interaktion an der Universität für Bodenkultur (Boku)" hat auf der Türkenschanze im 18. Wiener Bezirk einen eigenen "Hofladen" eingerichtet, der nach speziell umweltfreundlichen Kriterien agiert. Man achtet auf kurze Transportwege, Regionalität und Saisonalität.

Aufgrund dessen wurde "Tüwis Hofladen" jüngst mit dem "Sustainability Award 2008" des Lebens- und des Wissenschaftsministeriums ausgezeichnet. Damit werden alle zwei Jahre Universitäten und Fachhochschulen prämiert, die durch Innovation und Nachhaltigkeit auffallen.

In "Tüwis Hofladen" (Tüwi wird von "Türkenwirt" abgeleitet) treffen sich vor allem Studenten, aber auch Professoren und Anrainer, etwa um eine Kleinigkeit zu essen oder einen Kaffee zu trinken. Auch soziale Komponenten spielen eine Rolle; Studierende erhalten zehn, Arbeitslose und andere benachteiligte Gruppen 15 Prozent Rabatt auf alle Produkte.

Die Boku wurde heuer gleich zweimal mit dem Preis für Nachhaltigkeit ausgezeichnet, für den "Hofladen" im "Handlungsfeld Studentische Initiativen" und im Bereich der "strukturellen Verankerung" für ihr Leitbild und ihren Entwicklungsplan.

Nicht nur in Forschung und Lehre werde Nachhaltigkeit verstärkt berücksichtigt, sondern auch im Handeln der Boku als Institution, sie funktioniere nach einem "zertifizierten Umweltmanagementsystem", erklärt Martin H. Gerzabek, Vizerektor für Forschung.

Jährlich wird eine Wissensbilanz erarbeitet, die seit 2006 mit einem eigenen "Nachhaltigkeitsbericht" verknüpft ist, der gemäß der "Global Reporting Initiative" durchgeführt werde. "Damit waren wir in Österreich die erste, weltweit die siebente Universität", berichtet der Vizerektor. Strukturell verankert ist Nachhaltigkeit auch im Entwicklungsplan der Boku. In diesem sind zukünftige Ziele formuliert wie etwa weitere Akzentsetzung im Bereich der Forschung und Lehre: Seit dem Sommersemester 2007 läuft das Doktoratskolleg "Nachhaltige Entwicklung". Im Entwicklungsplan ebenfalls betont wird nachhaltiges Handeln im Sinne eines weiteren Blickfeldes: Nicht nur die naturwissenschaftliche, sondern auch die ökonomische, sozial- und ingenieurwissenschaftliche Sicht will man mitdenken. "Die Zielsetzung ist es, ein hohes Systemverständnis zu wecken." Nicht nur singuläre Lehrinhalte, sondern Förderung des vernetzten Denkens soll geboten werden.

Wettbewerbsposition

Nachhaltigkeit zu einem Leitprinzip zu ernennen sei auch eine strategische Entscheidung gewesen. "Die Universitäten stehen heute im Wettbewerb, und wenn man in einem bestimmten Bereich so eine Unique Selling Proposition hat, muss man einfach aufspringen und versuchen das zu verstärken", erklärt Gerzabek.

Ausbauen möchte die Boku ebenfalls ihr Handeln im Feld der Entwicklungsarbeit. Das "Research for Development Forum", das sich mit Entwicklungszusammenarbeit beschäftigt, soll strukturell und institutionell noch besser verankert werden.

"Da ist gerade eine interne Diskussion im Gange. Es ist ganz klar, dass wir in Zukunft in diesem Gebiet verstärkt einsteigen wollen." (Julia Grillmayr, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 16. April 2008)