"Gleich wird Sean Connery in brauner Kutte die Arkaden entlangeilen" flüstert jemand. Szenen aus Umberto Ecos verfilmtem Roman "Der Name der Rose" gehen einigen der wartenden Besucher durch den Kopf. Nur fehlt der Nebel, der die alten Gemäuer einhüllt, in Kärnten strahlt die Sonne. Pater Gerfried Sitar erwartet seine Gäste in ziviler Kleidung im Klosterhof. Zwölf Benediktiner-Mönche leben im Stift Sankt Paul im Lavanttal. "Sie können mit uns fromm sein", sagt Pater Gerfried, "und an unseren Gebeten teilnehmen, die Begegnung mit Gott suchen, aber Sie dürfen sich auch einfach nur erholen."

Neun Klöster und Exerzitienhäuser gibt es in Kärnten, die das "Kloster auf Zeit" für Gäste öffnet. Jedes Haus widmet sich Schwerpunkten und setzt dadurch auf unterschiedliche Zielgruppen. Das Kloster Sankt Paul ist ein anerkanntes Bildungs- und Kulturzentrum. Seit 1777 ist dem Kloster ein Gymnasium angeschlossen. Die stiftliche Kunstsammlung umfasst Werke von Rubens, Rembrandt, Dürer, van Dyck, Tiepolo, da Vinci und Kremser Schmidt. Die Auswahl ostasiatischer Kunstgegenstände ist beeindruckend, und die Büchersammlung dokumentiert in 100.000 Bänden die Schreibkunst vom frühen 4. bis zum 18. Jahrhundert.

Der engagierte 40-jährige Pater hat sich viel vorgenommen: "Am 25. April 2009 eröffnen wir hier die Europa-Ausstellung." In alten Kellergewölben wird hochmoderne Technik dem Besucher das näherbringen, was unter dem Staub der Jahrhunderte verborgen gewesen ist. Vieles, was mit dem Begriff Europa in Verbindung gebracht wird, hatte seine Wurzeln in den Klöstern. Ganz offensichtlich auch die gehobene Gastlichkeit, im klostereigenen Restaurant "Atrium" wird der Tropfen "Vinum Paulinum" ausgeschenkt.

180 Hektar als Mission

Urlaub auf dem Bauernhof verspricht das Kloster Wernberg östlich von Villach. Die 64 Missionsschwestern vom "Kostbaren Blut" sind Selbstversorgerinnen. Sie bewirtschaften fast 180 Hektar Wald, Ackerfläche und Weideland. Rinder, Schweine, Hühner, Kaninchen und Bienenvölker stehen unter ihrer Obhut. Schwester Monika Maria erwartet ihre Gäste am Tor: "Wer ein Obdach für die Seele sucht, benötigt keine Fünf-Sterne-Suite", glaubt sie. Das Kloster befindet sich dennoch in den Räumen eines alten Schlosses, die Zimmer sind gut gebucht.

Bei Schwester Hedwig kann man alles über Kräuter und Teemischungen erfahren, und wer altes Handwerk bewundern möchte, kann in der Paramenten-Stickerei den Schwestern Michaeli und Edeltraut über die Schulter schauen, während sie Ministranten- und Taufkleider anfertigen. In der Hostien-Bäckerei darf man auch mal eine Oblate frisch aus dem Ofen kosten.

Heute geht es entlang des Pilgerwegs der heiligen Hemma, der Landesmutter Kärntens. Das Ziel ist Gurk. Dort stiftete die Heilige Hemma 1043 eine Marienkirche und ein Benediktinerinnenkloster, in dem sie ihre letzten Lebensjahre verbrachte. Seit 1932 wirkt im Gurker Dom die Ordensgemeinschaft der Salvatorianer. Die Glocken des Gurker Doms läuten, als die Pilger ihr Endziel erreicht haben.

Pater Leo Thenner führt durch den romanischen Dom und in die mit hundert Marmorsäulen reich ausgestattete Krypta zum Grab der heiligen Hemma. Das Gästehaus Sankt Hemma selbst weckt allerdings eher Erinnerungen an eine Jugendherberge, nur der Bohneneintopf ist deutlich besser.

Bildungshaus und Seminarhotel ist das Stift Sankt Georgen am Längsee. Das über 1000 Jahre alte ehemalige Benediktinerinnenstift ist die älteste bewohnte Klosteranlage Kärntens. Der erste Eindruck täuscht ein normales Drei-Sterne-Hotel hinter Klostermauern vor, wären da nicht die Kreuzschwestern Isabella und Bernadette. Sie gehören zum Orden der Barmherzigen Schwestern vom heiligen Kreuz, der 1844 gegründeten franziskanischen Gemeinschaft.

Schweizer Bastelkurse

"Wir leben seit fast 45 Jahren im Stift", erzählt Schwester Bernadette, "unser Orden stammt aus der Schweiz, weltweit gibt es noch 4000 Kreuzschwestern." Die beiden Damen kümmern sich um die Blumenbeete und bieten Bastelkurse an. In elf Tagungsräumen wird Vielseitiges zum Thema "Schöpfungsverantwortung", profan ausgedrückt: zum ökosozialen Wirtschaften angeboten.

Über 1100 Veranstaltungen finden pro Jahr hinter den dicken Mauern statt. Seit drei Jahren sind alle Doppelzimmer und Appartements mit TV- und Internetanschluss ausgestattet. Irdisch abschalten - oder besser gesagt: einschalten - ist also jederzeit möglich. Dabei bieten die Stiftsgärten ausreichend Entspannung für den Urlaub zur "Destination Ich": Einen kleinen Pilgerweg, das Sankt Georgener Lavendel-Labyrinth, eine Kräuterspirale, einen Arzneigarten, Obstplantagen und einen Naturspielplatz findet man hier.

Direkt vorm Kloster beginnen Wanderwege durch Wald und Wiesen, die auch von den Nordic-Walkern genutzt werden. In der Nähe befinden sich mehrere Reiterhöfe, entlang des Längsees gibt es Bademöglichkeiten, und nur wenige Kilometer unterhalb des Klosters wird in wenigen Tagen ein Golfplatz eröffnet. Auch wenn Sean Connery hier selbst als Golfer nicht auftauchen wird, der Blick aus dem Fenster zeigt: "Dicke Suppe", keine zehn Meter reicht die Sicht, die Kulisse aus Der Name der Rose würde jetzt wieder stimmen. (DER STANDARD, Printausgabe, 26./27.4.2008)