Wien/Korneuburg - Die Staatsanwaltschaft Wien hat nun gegen einen vor wenigen Monaten zu zwölf Jahren Haft abgeurteilten Arzt aus Niederösterreich im Zusammenhang mit dem Sprengstoffanschlag auf die Wiener Osmanli-Moschee vom 15. November 2005 Anklage erhoben. Staatsanwalt Hans-Peter Kronawetter legt dem 44-Jährigen Gefährdung durch Sprengmittel nach § 173 Strafgesetzbuch (StGB) zur Last. Im Fall eines Schuldspruchs drohen dem Mann bis zu zehn Jahre Haft, wobei auf das Urteil vom vergangenen Jänner Bedacht zu nehmen sein wird.

Geschworene hatten damals im Landesgericht Korneuburg den Mediziner wegen versuchten Mordes schuldig erkannt, weil er im Sommer 2007 in seiner Wohnhaus-Anlage in Ebergassing einen 18-Jährigen mit einer Pistole niedergeschossen hatte. Er habe sich von dem Jugendlichen ausländischer Abstammung und dessen Begleitern bedroht bzw. provoziert gefühlt, lautete die Verantwortung des Arztes. Der Bursch ist seither querschnittgelähmt und sitzt im Rollstuhl.

Selbstmordversuch

Der 44-Jährige akzeptierte das Urteil und wollte wenige Tage nach der Verhandlung seinem Leben ein Ende setzen. Ehe er sich in seiner Zelle die Pulsadern aufschnitt, verfasste er einen Abschiedsbrief, in dem er den Anschlag auf die Moschee in Hernals "beichtete". Der Selbstmordversuch scheiterte. Experten des Landesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT) hielten nach Auffinden des brisanten Schriftstücks auf dem Grundstück Nachschau, das der Laborfacharzt am Rand von Ebergassing gepachtet hatte. Dabei wurden in einem alten Holzhäuschen große Mengen des Sprengstoffs HMDT entdeckt, der schon bei spektakulären Terrorplänen im Ausland für Aufsehen gesorgt hatte.

Obwohl sich der Arzt in seinen Einvernahmen auf eine Organisation namens "Neues Europa" berufen hatte, ist die Staatsanwaltschaft Wien überzeugt, dass es hinsichtlich des Anschlags weder Mittäter noch Mitwisser gab. "Wir halten seine diesbezüglichen Angaben für eine Schutzbehauptung. Daher sind die Ermittlungen in Bezug auf den Verdacht, er sei Mitglied einer terroristischen Vereinigung gewesen, eingestellt worden. Es gibt in diese Richtung überhaupt keine Anhaltspunkte", sagte Behördensprecher Gerhard Jarosch am Freitagnachmittag gegenüber der APA.

Die Anklagebehörde sei "überzeugt, dass der Mann ein Einzeltäter ist", betonte Jarosch. Der 44-Jährige wird nicht nur von seinen eigenen Angaben belastet, sondern auch durch objektive Beweise: Im Rahmen der bei ihm durchgeführten Hausdurchsuchung waren Chemikalien sichergestellt worden, die sich auch am Tatort fanden.

Die Verhandlung wird Richter Thomas Schrammel leiten. Prozesstermin gibt es noch keinen, zumal die Einspruchsfrist gegen die Anklageschrift noch nicht abgelaufen ist. (APA)