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Bei den Quellenangaben der US-Forscher guckt "Gaia"-Vater James Lovelock in die Röhre.

Foto: APA/EPA/JAVIER LIZON

London – Eine interessante Diskussion findet derzeit in der Online-Ausgabe des Wissenschaftsmagazins "New Scientist" statt: Thema ist eine aktuelle US-Studie über eine Selbstregulierung des irdischen Kohlenstoffzyklus, die Anklänge an die Gaia-Hypothese von James Lovelock und Lynn Margulis aufweist, ohne diese aber zu zitieren.

Anlass war die Studie von Richard Zeebe von the University of Hawaii und Ken Calderia von der kalifornischen Carnegie Institution, die Ende April in "Nature Geoscience" veröffentlicht wurde. Sie untersuchten die Schwankungen des Kohlenstoffkreislaufs – ausgehend von der CO2-Rate in Atmosphäre und Ozeanen – über einen Zeitraum von 610.000 Jahren des Pleistozäns (bzw. "Eiszeitalters") hinweg. Trotz der extremen Klimaschwankungen dieser Epoche habe sich laut Studie das Ungleichgewicht zwischen CO2-Freisetzung in die Atmosphäre und seiner Neubindung nie über ein bis zwei Prozent hinausbewegt – erst mit dem Einsetzen der industriellen Revolution habe sich dies dramatisch geändert. Dass von Vulkanen freigesetztes CO2 nicht ebenfalls zu einem stark gestiegenen Anteil des Treibhausgases in der Atmosphäre geführt habe, müsse an einem selbstregulierenden System der Erde liegen – am wahrscheinlichsten durch die Verwitterung von Gestein.

Gaias Vater bzw. Taufpate

Das Stichwort "selbstregulierendes System" veranlasste den "New Scientist" James Lovelock zu kontaktieren. Der Brite hatte in den 60ern postuliert, dass die Erde bzw. zumindest die Erdoberfläche als ein einziger Meta-Organismus betrachtet werden könne, der sich selbst durch eine Reihe von Rückkopplungsmechanismen in einem dynamischen Gleichgewicht hält: "Gaia", benannt nach der griechischen Erdgöttin, war geboren.

Lovelock anerkennt die Bedeutung der US-Studie – ist über einige Details aber wenig erfreut: zum einen, dass die Bedeutung von Organismen, die auf bzw. in dem verwitternden Gestein leben, für den CO2-Abbau ignoriert worden sei. Vor allem aber sieht er die Studie, die mit keinem Wort auf seine Hypothese eingeht, als Versuch die Theorie von einer selbstregulierenden Erde als US-amerikanische Erfindung zu etablieren: neuer Name, gleicher Inhalt. "Wenn sie es Earth System theory nennen wollen, können sie das gerne tun – solange sie durch Zitation die Ursprünge der Idee anerkennen", so Lovelock. (red)