Wien - Zwei Wochen nach der EURO soll in Wien ein Vinzi-Markt eröffnen. Das wäre der erste Sozialmarkt in der Bundeshauptstadt, in dem finanziell und sozial schwache Menschen verbilligte Ware einkaufen können. "Armenpfarrer" Wolfgang Pucher, der für seinen Einsatz für Roma in Graz bekannt ist, hat schon drei Vinzi-Märkte in der Steiermark eröffnet, zwei davon in Graz. In Wien plant Pucher, eine 170 Quadratmeter große Billa-Filiale, die am 31. Juni geschlossen werden soll, zu übernehmen - samt Einrichtung und verbleibenden Lebensmitteln. Pucher will den Ort erst bekanntgeben, wenn die Verträge abgeschlossen sind.

Im Vinzi-Markt dürfen alle Menschen einkaufen, die mit weniger als 800 Euro monatlich auskommen müssen. Wer sein Einkommen nachweist, bekommt einen Berechtigungspass, mit dem man pro Woche um 25 Euro einkaufen kann. "So werden Hamsterkäufe vermieden", sagt Michael Bachler von der Vinzenz-Gemeinschaft. Die Ware ist durchschnittlich um 30 Prozent billiger als im normalen Supermarkt.

Neben dem Vinzi-Markt bemüht sich eine zweiter sozialer Verein um den Schritt nach Wien. Gerhard Lassnig, Einkaufschef des Lebensmittelhändlers Pfeiffer, baute in den vergangenen acht Jahren ausgehend von Linz ein Netz an 18 Sozialsupermärkten unter dem Namen Soma auf. Vor kurzem startete die erste Filiale in Deutschland. Noch heuer soll auch in Wien eröffnet werden, erzählt Lassnig.

"Kein Wildwuchs"

Ziel sei, sich mit anderen Wiener Initiativen wie etwa den Vinzi-Märkten unter ein Dach zu stellen. "Die Industrie braucht einen gemeinsamen Ansprechpartner. Es soll keinen Wildwuchs an Sozialmärkten geben." Herausforderung sei, die Logistikkosten in den Griff zu bekommen. "Wir wollen nicht als Spendenempfänger der Industrie gesehen werden, wir sind für sie Problemlöser." Soma sei auch keine Konkurrenz zum klassischen Handel, sondern Ergänzung.

Neben Produzenten öffnen sich auch Handelsketten langsam, aber doch dem sozialen Gedanken und geben nicht verkauften Lebensmitteln eine zweite Chance. Der Diskonter Lidl etwa beliefert seit kurzem die Grazer Vinzi-Märkte. Spar hat nach anfänglichem Zögern Soma in Oberösterreich Unterstützung zugesichert. In Graz arbeitet die Kette mit den Vinzi-Läden zusammen. Aus der Industrie zählen unter anderen Landena und Nestlé zu den Lieferanten.

Viele Markenartikler werfen ihre Überschussware aber nach wie vor lieber auf den Müll. Die Begründung: Die Logistik sei aufwändig, der günstige Verkauf in Sozialeinrichtungen schade dem Image.(Verena Kainrath, Marijana Miljkovic, DER STANDARD, Printausgabe, 10./11./12.5.2008)