Wien - ÖVP-Gesundheitssprecher Erwin Rasinger übt scharfe Kritik an der von Regierung und Sozialpartnern geplanten Gesundheitsreform. Im Gespräch mit der APA warnt der Arzt und ÖVP-Abgeordnete am Mittwoch vor Leistungskürzungen und vor einer "Vertrauenskrise" zwischen Ärzten und Krankenkassen. Die Spitzenposition Österreichs im Gesundheitswesen werde leichtfertig aufs Spiel gesetzt. Rasinger droht daher damit, dem Papier im Nationalrat die Zustimmung zu verweigern: "Wenn das eins zu eins so kommt, kann ich mir das schwer vorstellen."

Rasinger warnt vor Leistungskürzungen zulasten der Patienten, wenn die Sozialversicherungs-Zentrale den Krankenkassen künftig die finanziellen Ziele vorgibt. Ständig sei von zehn Prozent Sparvolumen die Rede. "Die müssen sie ja irgendwie erreichen. Ich glaube nicht, dass das in Wien ohne Leistungskürzungen abgehen wird", betont Rasinger. Dabei habe Österreich schon jetzt eines der weltweit besten Gesundheitssysteme, obwohl die Kosten nur im Mittelfeld liegen. Hier werde auf gefährlichem Niveau herumgedoktert.

Die neue Holding-Struktur mit einer starken Sozialversicherungs-Zentrale und Durchgriffsrechten auf die Gebietskrankenkassen bezeichnet Rasinger als "reines Machtmodell". "Macht, Macht und noch einmal Macht: Die Zentrale arrondiert sich mehr Macht zulasten der Krankenkassen und innerhalb dessen versucht die Wirtschaftskammer, den ÖGB zu entmachten, oder sich auf die gleiche Höhe zu stellen", kritisiert der ÖVP-Abgeordnete: "Der neue Gesundheitsminister heißt Hundstorfer-Leitl."

"Ärztebestrafungspapier"

Die eigentlichen Probleme des Gesundheitswesens (etwa die langen Spitalsaufenthalte und die Lohnnebenkostenlastigkeit der Finanzierung) würden nicht angegangen. "All diese Fragen sind nicht angesprochen, sondern es ist eine Art Ärztebestrafungspapier", kritisiert Rasinger. Er lehnt sowohl die "Patientenquittung" ("zusätzliche Bürokratie") als auch die "Aut Idem"-Regelung ("Apothekenförderungsprogramm") ab und warnt vor einer "Vertrauenskrise" und einem "langwierigen Abwehrkampf" der Ärzte gegen die neue Bürokratie.

Nichts abgewinnen kann Rasinger auch dem Plan, dass die Kassen im Fall eines vertragslosen Zustandes Einzelverträge mit den Ärzten aushandeln sollen. Ärzte, die Einzelverträge abschließen, würden laut dem von ÖGB und Wirtschaftskammer vereinbarten Modell mit einer Kassenstelle belohnt. "Der ÖGB sagt, wir belohnen die Streikbrecher. Interessant, wie sich der ÖGB verhält, wenn er als Arbeitgeber auftritt", ätzt Rasinger.

ÖVP-Arbeitnehmerbund

Vorerst keine Stellungnahme zu den Reformplänen gab es am Mittwoch vom ÖVP-Arbeitnehmerbund, der die Vorschläge ebenfalls abgelehnt hatte. Für Empörung sorgt indes eine Aussage von Ärztekammerpräsident Walter Dorner, der den Machern des Begutachtungsentwurfes unterstellt hatte, "genetische Ärztehasser" zu sein. Aus Verhandlungskreisen hieß es zur APA, Dorner müsste in seinem Alter eigentlich wissen, "dass es ein Regime gab, welches seine Rassenhass-Ideologie mit genetischen Eigenschaften begründen wollte". Man müsse sich fragen, ob hier "rassistisches Nazi-Vokabular" aus der Ärztekammer komme.

Erhebliche Bedenken zum Begutachtungsentwurf der Gesundheitsreform meldete am Mittwoch auch der Generalsekretär des Sparkassenverbandes und ÖVP-Abgeordnete Michael Ikrath an. Insbesondere der Vorschlag der Patientenquittung, die Ärzte künftig den Patienten ausstellen sollen, ist Ikrath ein Dorn im Auge. "Es kann nicht sein, dass die Mediziner mit Verwaltungsaufgaben überhäuft werden und Patienten und Ärzte gleichermaßen darunter zu leiden haben. Dieses Mehr an Bürokratie und an Verwaltungsaufwand ist völlig inakzeptabel." (APA)