Univerisätsprofessor Peter Kopacek leitet die Abteilung für intelligente Handhabungs- und Robotertechnik am Institut für Mechanik und Mechatronik an der TU Wien

Foto: Der Standard/ Corn

Die Fußballroboter der TU Wien im Einsatz

Foto: Der Standard/ Corn

Bild nicht mehr verfügbar.

Minensuchroboter

Fptp: APA/ Hochmuth

Roby Space

Foto: TU Wien

Roboter dringen zunehmend von Fertigungshallen in unseren Alltag vor. Intelligent und mitfühlend sollen sie sein - Ersatz für Soldaten und Haustiere. Universitätsprofessor Peter Kopacek, Leiter der Abteilung für intelligente Handhabungs- und Robotertechnik, erklärte im Gespräch mit Birgit Riegler wieso er sich aus Prinzip nicht mit Kampfrobotern beschäftigt, ob Roboter sich jemals bewusst gegen Menschen wenden werden und was parallel zur Euro2008 mit den Fußball-Robotern geplant ist.

 

 

***

 

derStandard.at: Israel, Südkorea und die US-Army setzen seit Kurzem "Kampfroboter" ein. Was halten Sie von solchen Systemen?

Peter Kopacek: Ich kann eigentlich relativ wenig dazu sagen, weil Militärroboter nicht mein Forschungsgebiet sind - dazu gehören auch sogenannte Kampfroboter, die sich gegenseitig zersägen zur Freude des Publikums. Ich liebe meine Roboter so, dass ich sie möglichst lang behalten möchte. Die erste Frage ist, sind das überhaupt Roboter oder sind das ferngesteuerte, teilweise intelligente Fahrzeuge oder Flugzeuge?

derStandard.at: Wie definieren Sie Roboter?

Kopacek: Roboter müssen autonom arbeiten. Das heißt, dass sie auch die Energieversorgung mit sich herumschleppen müssen - ein noch nicht gelöstes Problem, so simpel das auch klingt. Und ich nehme an, dass die meisten dieser sogenannten Kampfroboter, die da eingesetzt werden, wahrscheinlich umgebaute Militärfahrzeuge-, und -flugzeuge sind, die vielleicht teilweise intelligent sind. Aber ich glaube, überwiegend werden sie noch von Menschen ferngesteuert.

derStandard.at: Sie beschäftigen sich nicht mit Kampfrobotern. Aus Prinzip?

Kopacek: Ja, eindeutig. Das ist ein Ersatz für den menschlichen Rekruten, der blindlings alles macht, was ihm der Chef befiehlt. Womit wir uns aber teilweise auf militärischem Gebiet beschäftigen, seit acht Jahren, ist ein Roboter zur Landminensuche und Landminenentfernung.

derStandard.at: Was kann dieser Roboter?

Kopacek: Er ist derzeit noch ferngesteuert, also noch nicht autonom. Wir arbeiten aber daran, dass er sich selbsttätig in einem Minenfeld herumbewegt. Er ist mit einem Metalldetektor ausgerüstet und kann üblicherweise zwei Gramm schwere Metallgegenstände bis in 30 cm Tiefe abhängig von der Bodenbeschaffenheit finden.

derStandard.at: Und wenn der Roboter eine Mine findet?

Kopacek: ... macht er einen schönen Farbpunkt dorthin. Die Zukunftsversion ist, dass es einen Roboter gibt, der dann diese Mine aus dem Boden entfernt. Das Problem ist, dass im Durchschnitt nur jeder zehnte bis 15. Metallgegenstand, den man auf einem Minenfeld findet, eine Mine ist. Die Weiterentwicklung geht jetzt in die Richtung, dass er autonom und nicht mehr ferngesteuert das ganze Minenfeld absucht.

Und zweitens ist eine Zusammenarbeit mit den Herstellern von Metalldetektoren geplant, dass der Roboter auch den Umriss des Metallgegenstands erfasst und daraus schließen kann, ob es eine Mine ist oder nicht. Und es gibt ja jetzt neuerdings Minen, die nicht aus Metall sind sondern aus Plastik. Der Sprengstoff ist immer TNT und das hat angeblich einen ganz speziellen Geruch. Da warten wir nun bis die ersten "Schnüffelsensoren" am Markt sind.

derStandard.at: Arbeiten Sie auch mit dem österreichischen Bundesheer zusammen?

Kopacek: Derzeit nur lose.

derStandard.at: Besteht da kein Interesse seitens des Heers?

Kopacek: Wir waren einmal zur Demonstration beim Bundesheer eingeladen, aber damals konnten wir den Termin nicht wahrnehmen. Und bisher haben wir nichts mehr von ihnen gehört.

derStandard.at: An welchen anderen Robotern arbeitet das Institut derzeit?

Kopacek: Wir haben unser Aushängeprodukt "Roby Space", einen Miniroboter, der auf einem Netz im Weltraum herumkrabbeln soll, was er auch schon als Prototyp getan hat. Unsere Fußballroboter kennt ohnehin schon jeder. Und wir entwickeln jetzt einen Zweibeiner, der seine Premiere beim Roboterfußball Europacup am 15. Juni in Zürich haben soll. Wir hoffen, dass er dann in der Lage ist sich zwei Sekunden in der Senkrechten zu halten.

derStandard.at: Für Roboter wird die Natur ja oft als Vorbild genommen. Werden wir in Zukunft vielleicht gar nicht mehr erkennen, ob es sich um ein Tier oder einen Roboter handelt?

Kopacek: Erste Ansätze gibt es ja schon. Es gibt ja jetzt diesen Mini-Saurier Pleo, der in Haushalte Eingang finden soll. In einer amerikanischen Zeitschrift gibt es bereits Untersuchungen, wie sich Menschen mit diesen neuen Haustieren anfreunden. Ich glaube, das ist eine sehr zukunftsträchtige Entwicklung, dass man eine Roboterspinne bald nicht mehr von einer richtigen Spinnen unterscheiden kann. Und wir haben auch das Schlagwort Nanotechnologie und in diesem Zusammenhang auch Nanoroboter oder Naniten. Da gibt es zum Beispiel Wasserläufer oder bereits seit mehreren Jahrzehnten die Wurmroboter, die sich wie Regenwürmer fortbewegen.

derStandard.at: Was sind hier mögliche Einsatzgebiete?

Kopacek: Derzeit ist das Ganze meiner Meinung nach nur "just for fun". Zweibeiner werden ja jetzt weltweit vorgestellt. Ich kenne derzeit aber keine industriellen Anwendungen, wo ein Zweibeiner her muss. Und so ähnlich dürfte es bei den Roboterspinnen sein.

derStandard.at: Es geht also eher darum, ob es machbar ist …

Kopacek: Ich nenne das "advanced toy robots". Wir verfolgen mit "Archie" das Ziel, dass man einen preiswerten Zweibeiner bauen kann, der den Menschen am Arbeitsplatz und im täglichen Leben, also auch in der Freizeit, zur Seite steht.

derStandard.at: Sie haben vergangenes Jahr in einem Interview mit dem STANDARD (Forschung Spezial vom 20. Juni 2007) gesagt, dass Roboter nie intelligenter als Menschen sein werden ...

Kopacek: Ich bin noch immer dieser Ansicht.

derStandard.at: ... wie kann man sich künstliche Intelligenz vorstellen?

Kopacek: Möglicherweise denke ich da auch etwas zu konservativ. Gegenüber dem STANDARD habe ich damals gesagt, die letzte Programmzeile schreibt immer noch der Mensch. Jetzt würde ich sagen, die letzten Bugs wird immer noch der Mensch heraussuchen.

Es gibt aus dem Jahr 1977 ein Buch "Schlaue Kisten machen Geschichte - von Androiden, Robotern und Computer" (Anm. hrsg. v. Ruth J. Kilchenmann, IBM Deutschland) - eine Literatursammlung von Stanislaw Lem über Isaac Asimov bis zu Edgar Allan Poe. Darin gibt es die Geschichte, in der ein Herr und sein Diener einen Roboter bauen - ein irrsinniges Monstrum, dem irgendwann einmal die Sicherung durchbrennt und seine Herren attackiert. Auf der Flucht verstecken sich die zwei in einer Höhle und verschließen sie mit einem Stein. Als der Roboter versucht, den Stein wegzurollen, brennt ihm die zweite Sicherung durch und er zerfällt in seine Einzelteile.

Solche Probleme sind natürlich auch in der modernen Robotik möglich. Sicherheit von Robotern ist derzeit ein sehr heißes Thema. Wenn man diese mobilen, intelligenten Roboter industriell einsetzen will, hat man diverse Sicherheitsvorschriften zu beachten. Das Lustige ist aber, dass es noch keine weltweit gültigen gibt. Darüber wird schon seit sechs Jahren diskutiert.

derStandard.at: Ist denn ein Aufstand von Robotern, die sich bewusst gegen ihre Erbauer wenden, überhaupt denkbar?

Kopacek: Es könnte möglich sein, aber ich glaube es nicht.

derStandard.at: Ein Roboter müsste dann ja auch eine Art Bewusstsein entwickeln ...

Kopacek: Da kommen wir zum "social behaviour of intelligent robots". Ich kenne drei Bücher, die sich mit der Psyche der Roboter auseinandersetzen. Ich habe mit dem Ganzen nur ein Problem. Man kann ja softwaremäßig das Verhalten eines Roboters festlegen. Mein Zweibeiner wird Archie heißen, wenn ich in Rente bin wird er mein treuer Begleiter sein und ich kann sein Verhalten programmieren.

derStandard.at: Von selber wird der Roboter nicht sein Verhalten ändern können?

Kopacek: Wenn ein sogenannter "robot swarm" von irgendwem einen Befehl kriegt, andere Menschen zu attackieren, ist das ohne weiteres möglich. Dass sie selber auf die Idee kommen, glaube ich nicht. Ich beschäftige mich schon relativ lange mit Automatisierungstechnik und mit Robotern und meine Philosophie ist immer: Man muss mit den Dingen leben als Mensch. Eigentlich betrachte ich diese intelligenten Maschinen nur, um mich zu unterstützen.

derStandard.at: In dem Zusammenhang wird ja auch oft von emotionaler Intelligenz und mitfühlenden Robotern gesprochen. Wie funktioniert das?

Kopacek: Wir haben visuelle - das sind üblicherweise die Roboteraugen - und auditive Sensoren, die immer leistungsfähiger und preiswerter und kleiner werden. Da kann der Roboter natürlich erkennen, ob ich wütend bin und überlegen, was er tun kann, damit die Wut abklingt.

derStandard.at: Das ist jetzt schon Stand der Technik?

Kopacek: Das würde ich nicht sagen. Aber möglicherweise gibt es so was in einigen Laboratorien.

derStandard.at: Können Sie sagen, ab wann hat man zu Hause einen Roboter haben wird und was wird dieser können?

Kopacek: Ab ca. 2015. Dürftige Ansätze für Haushaltsroboter gibt es ja schon - der Roboter, der in der Küche herumwerkt. Suppenkochen habe ich zwar noch keinen gesehen, aber er ist ohne weiteres in der Lage, dass er weiß wo der Zucker ist, ihn holt und auf den Tisch stellt. Das ist ja eine alte Geschichte. Es gibt den Ausdruck des Personal Roboters, der ursprünglich abgeleitet ist von Personal Computer - das heißt jeder hat mindesten einen.

derStandard.at: Sind diese Roboter 2015 dann schon leistbar für den Durchschnitt?

Kopacek: Derzeit kämpfen die Hersteller, da gibt es weltweit ungefähr 200, mit der Entwicklung solcher Roboter. Der Markt ist noch nicht reif, das habe ich vor fünf Jahren auch schon gesagt. Die Entwicklung eines Zweibeiners dauert im Mittelwert 20 Mannjahre, das sind für sechs Leute drei Jahre. Das kostet. Und die Stückzahlen - außer beim "Roomba" Staubsaugerroboter - sind relativ nieder. Die niedlichen Spielzeugroboter mit zwei Beinen und Armen aus Asien kosten 800 Dollar. Wenn die einmal im Geschäft für 100 Dollar oder 100 Euro erhältlich sind - ok.

derStandard.at: Sony hat ja schon vor etlichen Jahren den Spielzeughund Aibo auf den Markt gebracht aber mittlerweile wieder eingestellt ...

Kopacek: Ich weiß nicht mehr genau, was das letzte Modell von Aibo gekostet hat, aber ich glaube unter 700 oder 800 Euro lag der nie. Aibo war zwar seinerzeit eine Sensation, aber wir waren mit ihm nicht sehr glücklich. Man konnte mit ihm nicht viel anfangen. Es gab neun oder zehn vorprogrammierte Bewegungsabfolgen, die man über eine Tastatur am Bildschirm abrufen konnte. Und er konnte auch "lernen".

derStandard.at: Wo lag das Problem?

Kopacek: Eine große Käuferschicht sind "Computerfreaks", die nächtelang vor dem PC sitzen und ihre DVD-Sammlung in irgendeine Datenbank einklopfen. Die wollen in die Software hinein, aber das geht nicht. Das selbe Problem gibt es mit den neuen Spielzeugrobotern. Wir bieten seit zweieinhalb Jahren als eines der ersten Insitute Vorlesungen über humanoide Roboter mit Laborübungen. Also haben wir uns für 1000 Dollar einen Zweibeiner gekauft. Aber was macht man damit? Nach einer Stunde haben die Studenten alle Befehlesfolgen durch und das war's. Und wenn man wirklich ein Software-Entwicklungs-Kit bekommt, ist es irrsinnig komplex.

derStandard.at: Die Funktionen sind also zu schnell ausgereizt?

Kopacek: Man kommt kaum in diese Software hinein. Also es ist eher ein Kinderspielzeug, aber dafür ist es noch zu teuer.

derStandard.at: Haben Sie mit dem Roboterfußball-Team zur EM etwas Spezielles geplant?

Kopacek: Jeder kennt die Euro2008, aber wenige kennen Euroby2008 - die Europameisterschaft im Roboterfußball. Die Hetz findet, um die Parallelität zur Euro zu wahren, von 15. bis 17. Juni in Zürich in der Schweiz und von 19. bis 22. Juni in Linz statt. Ende 2006 ist einer meiner Studenten der Uni Linz zu mir gekommen und hat gesagt, Linz ist so traurig, da sie kein einziges Europameisterschaftspiel bekommen haben - das war der Ausgangspunkt. Jetzt haben wir zehn europäische Teams und als besondere Attraktion sechs Zweibeiner, allerdings nur zwei aus Europa.

Und an der Universität für Angewandte Kunst gibt es ein Projektteam, das ein Event macht - da sollen wir am 5. Juni um 20.43 ein Cordoba-Revival spielen - also Österreich gegen Deutschland. Und wir dürfen nicht höher als 3:2 gewinnen. Das wird das Problem, normal schlagen wir die Deutschen 20:1. Aber wir können ja einige Roboter stillsetzen. (Birgit Riegler/ derStandard.at, 15.05.2008)