Cliff Blezsinski, Lead Designer von Gears of War 2.

Zsolt Wilhelm
Nach einer blutgetränkten Präsentation des Shooter-Epos Gears of War 2 nahm sich Epic-Designer Cliff Blezsinski ein paar Minuten Zeit, um mit derStandard.at über das Blut an seinen Händen zu sprechen. "Wenn all diese Maßnahmen greifen und ein Kind diese Spiele dennoch spielt, dann kann es wahrscheinlich den Unterschied zwischen Phantasie und Wirklichkeit auseinander halten", sagt Bleszinski im Interview mit Zsolt Wilhelm.

derStandard.at: Wie ist die Idee zu Gears of War entstanden? Sind Sie eines Nachts aufgewacht und wollten das brutalste Spiel aller Zeiten aus dem Boden stampfen?

Cliff Bleszinski: (lacht) Gears of War basiert auf einer Reihe von Ideen, die mir und meinem Team im Hinterkopf geschwebt sind. Ehrlich gesagt, bin ich eines Tages aufgestanden und hab gesagt, lasst uns etwas Geiles machen. Wir wollten das Microsoft unser Partner wird und es wie blöd vermarktet. Wir wollten etwas Neues schaffen, dass sich millionenfach verkauft.

derStandard.at: So ist es gelaufen?

Cliff Bleszinski: Ja, ziemlich genau so.

derStandard.at: Sam Houser, der Erfinder von Grand Theft Auto, machte kürzlich ein denkwürdiges Kommentar - „Fuck casual games“.

Cliff Bleszinski: Das war herrlich!

derStandard.at: Was denken Sie darüber?

Cliff Bleszinski: Ich denke Sam hat das etwas leichtfüßig gesagt. Aber es gibt da eine gewisse Idiotie, die die Industrie seit kurzer Zeit erfasst hat. Wonach jeder überzeugt davon ist, dass wir bis zum Ende unserer Tage nur noch Spiele für jedermanns Großmutter machen müssen. Niemand wollte mehr ein Hardcore-Game machen, mit hohen Produktionsqualitäten. Und dass zu einer Zeit, in der Call of Duty 4 erschienen war und so 7 Millionen Exemplare verkaufte. Kurz nachdem Halo 3 dasselbe getan hatte. Aber nein, die Zukunft liegt in Spielen wie Puzzle-Ninja-Five, hieß es. Und wir so, eh wirklich?!

derStandard.at: Oder iPhone-Spiele...

Cliff Bleszinski: Ja genau... Missverstehen Sie mich nicht, diese Spiele machen Spaß und haben ihren Platz. Sie sind toll, da sie die Tore zu Videospielen sind. Vielleicht macht jemand seine ersten Versuche mit Handy-Bowling und irgendwann wagt er sich dann zu GoW vor. Aber ich fands gut, dass Sam das gesagt hat. Wenn jemand damit davonkommt, dann ist es definitiv er.

derStandard.at: Also, GoW ist ganz klar für erwachsene Hardcore-Gamer...

Cliff Bleszinski: Es wurde „Mature“ eingestuft - für 17-Jährige und älter...

derStandard.at: Ok, jedenfalls nicht für Kinder. Nach Ihren Aussagen fließt zumindest "literweise Blut". Was sagen Sie zu den 12-Jährigen, die Sie und mich beim Online-Spielen von GoW in Grund und Boden schießen und „Anfänger“ quietschen?

Cliff Bleszinski: Ich glaube, dass es mittlerweile mehr als genug Kontrollen gibt, die Kinder davon abhalten solche Spiele zu spielen. Es gibt das Rating-System, Retailer überprüfen schon IDs. Es gibt das Parential-Control-System auf de neuen Konsolen. Dann ist da auch die Preishürde. Nicht zuletzt sollten auch die Eltern involviert sein. Wenn all diese Maßnahmen greifen und ein Kind diese Spiele dennoch spielt, dann kann es wahrscheinlich den Unterschied zwischen Phantasie und Wirklichkeit auseinander halten.

derStandard.at: Wie kommt es eigentlich, das GoW in erster Linie ein Xbox-exklusiver Titel ist? Epic ist doch mit PC-Spielen bekannt und groß geworden.

Cliff Bleszinski: Der PC-Markt befindet sich zurzeit im Wandel. Manche Spiele gehen extrem gut - WarCraft etwa. Und Spiele mit High-End-Grafik, die die Ressourcen wirklich ausschöpfen, haben es recht schwer ein Publikum zu finden. Dennoch hat sich hier vergangenes Jahr durch die PC-Alliance viel zum Guten gewandt und wir hoffen, künftig mehr Produkte auf den PC-Markt bringen zu können. Schließlich ist das unsere Heimat, die wir lieben.

derStandard.at: Und die Partnerschaft mit Microsoft?

Cliff Bleszinski: Darin haben wir die perfekte Gelegenheit gesehen. Sie suchten einen guten Exklusiv-Titel und im Gegenzug versprachen sie uns das Spiel erfolgreich zu vermarkten. Es war eine Win-Win-Situation für beide Seiten.

derStandard.at: Besteht die Chance, dass GoW auf der PlayStation 3 erscheint?

Cliff Bleszinski: Ich habe das Gefühl, dass vorher noch die Hölle zufriert, bevor Microsoft das zulässt.

derStandard.at: Wie viele Auskoppelungen sind eigentlich noch geplant? Es wurde von einer Trilogie gemunkelt.

Cliff Bleszinski: Das hat uns irgendjemand in den Mund gelegt.

derStandard.at: Aber genug Story gäbe es doch noch zu erzählen...

Cliff Bleszinski: Darauf können Sie wetten. Aber wir planen lieber immer nur ein Spiel nach dem anderen. Es gibt noch eine Menge Geheimnisse zu enthüllen und Leute werden sterben, kann ich versichern... und noch mehr Locusts.

derStandard.at: Welche Spiele spielen Sie eigentlich selbst in ihrer Freizeit?

Cliff Bleszinski: Ich hab GTA IV nur für etwa 45 Minuten gespielt. Condemned 2 habe ich aber beendet und wirklich genossen. Ein absolut unterbewertetes Spiel, wie ich finde. Und vermarktet wurde es auch nie sehr gut. Abgesehen davon gehe ich gern mit meinem Hund spazieren oder ins Fitness Center oder in eine Bar.

derStandard.at: Welche Art von Spiel würden Sie eigentlich sonst einmal noch machen wollen?

Cliff Bleszinski: Eines Tages würde ich gerne mal etwas entwickeln, dass sehr familienfreundlich ist. So etwas wie einen interaktiven Pixar-Film. Das muss wirklich Spaß machen. Das wäre eine schöne Abwechslung von der blutigen und dunklen Gears of War-Welt.

derStandard.at: An welchen Film hätten sie da gedacht, welcher ist ihr Favorit?

Cliff Bleszinski: Toy‘s Story 2 hat mir sehr gut gefallen.

derStandard.at : Vielen Dank für das Gespräch! (Zsolt Wilhelm, derStandard.at vom 18.5.2008)