Wien - Der von der EU-Kommission geplante "Gesundheits-Check" der EU-Agrarpolitik wird von einer breiten Allianz zahlreicher Nicht-Regierungsorganisationen (NGO) als "vergebene Chance" kritisiert. Das Reformpapier ziele auf eine weitere Liberalisierung des Agrarsektors ab, was angesichts der weltweiten Nahrungsmittelkrise ein Schritt in die falsche Richtung sei, sagten NGO-Vertreter am Montag bei einem Pressegespräch. Soziale, ökologische und wirtschaftliche Nachhaltigkeit spielten in der GAP weiterhin keine Rolle.

Wie berichtet präsentiert die EU-Kommission morgen, Dienstag, ihren endgültigen Vorschlag zum sogenannten "Health-Check" der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP).

Mit ihrem Gesetzesentwurf für eine Überarbeitung des EU-Agrarfördersystems mache die EU-Kommission einmal mehr Politik für die europäische Agrar- und Lebensmittelindustrie und deren Exportinteressen. Durch die Umschichtung der Förderungen seien trotz Senkung der Exportsubventionen Exporte zu Dumpingpreisen weiterhin möglich, so Alexandra Strickner von Attac. Daher bedeuten die Vorschläge letztlich mehr Instabilität von Rohstoff- und Lebensmittelpreisen und seien somit keine Antwort auf die aktuelle Nahrungsmittelkrise.

Kernpunkt der Kritik

Kernpunkt der Kritik der Umweltorganisationen ist der Vorschlag der EU-Kommission, die verpflichtende Flächenstilllegung künftig abschaffen zu wollen. Damit werde die Artenvielfalt bedroht, so Jens Karg, Landwirtschaftssprecher von Global 2000. Wolle die EU ihr Ziel erreichen, bis 2010 den Rückgang der Artenvielfalt zu stoppen, habe sie mit den Brache-Flächen "ein unentdecktes Ass im Ärmel, das sie nicht fahrlässig wegwerfen sollte". Als Alternative könnten ökologische Ausgleichsflächen dienen, hieß es.

Auch die Österreichische Bergbauernvereinigung zeigte sich enttäuscht. Vor allem die schrittweise Anhebung der Milchquoten sei ein falsches Signal und führe zu einem Überangebot an Milch. Damit werde die Existenz der klein- und bergbäuerlichen Milchbetriebe gefährdet, beklagte Irmi Salzer von der ÖBV-Via Campesina Austria. Ihre Forderungen: die Beibehaltung der Milchquoten nach 2015 und keine Erhöhung der Milchproduktion.

Gerhard Riess von der Gewerkschaft Metall Textil Nahrung (GMTN) sprach sich dafür aus, dass auch Arbeitnehmerrechte ein wesentlicher Bestandteil des EU-Reformpapiers werden sollten. Dass landwirtschaftliche Betriebe Sozialstandards einhalten müssten, um Förderungen zu bekommen, sei eine "Minimalforderung", so Riess. (APA)