Wien – "Je unbequemer, desto besser." Was als Schlusssatz in ihrer Biografie zu den 1984 bei EMI erschienen Aufnahmen der späten Beethoven-Quartette steht, kann als Leitmotiv über eine ganze künstlerische Epoche stehen. Nein, das Alban Berg Quartett hat es sich und seinem Publikum nie wirklich leicht gemacht. So auch nicht beim Abschiedskonzert in reiner Quartettbesetzung im Wiener Konzerthaus, wo es 1971 debütierte und sich nach nun 37 Jahren Konzerttätigkeit auch vom Wiener Publikum verabschiedete.

Ein später Haydn (op. 77/1), ein früher Berg (Streichquartett op.3) und mit op.132 eines der letzten, "unbequemen" Quartette Beethovens bildeten die Klammer eines Konzertes, das gegen Ende mit Standing Ovations gefeiert wurde.

Jetzt die Qualitäten dieses maßstäbesetzenden Klangkörpers nochmals zu beschreiben wäre eigentlich redundant. Dennoch, in puncto Klangsensibilität, Ausdrucksnuancen und des Grades der inneren Verschmelzung der vier Instrumente zu einem Ganzen bei gleichzeitiger Bewahrung der individuellen Schattierungen brachte nun nochmals all die wichtigen Facetten zum Vorschein.

Wie bei Haydn spielerische Leichtigkeit, sarkastischer Witz oder die Lust am Debattieren in Klängen Hand in Hand gehen und mit welcher Selbstverständlichkeit sich das Ensemble Motivisches zuwirft, das klang so einfach und war doch ebenso von einer zwingenden interpretatorischen Raffinesse wie die fast blendend hellen Klangfarben und die mit existenzieller Wucht aufgeladenen Motivpartikel im Berg-Quartett.

Das alles fand sich – nochmals konzentrierter – auch im letzten Werk dieses Abends (Beethovens Quartett in a-Moll) sowie in der mit berückender innerer Stille gespielten Zugabe, der Cavatina aus op. 130. Die Intensität der Musik dehnte die Zeit, verlangsamte sie und fror sie gar für Augenblicke ein – so als könnte es gar kein Ende geben. (Robert Spoula, DER STANDARD/Printausgabe, 20.05.2008)