Ratten als Haustiere.

Foto: DER STANDARD/ Fischer
Graz - "Wir werden von Leuten immer in Schubladen gesteckt. Sie meinen, ein bunter Irokesenhaarschnitt und eine Ratte als Haustier machen schon einen Punk aus", erzählt der 15-jährige Kurtl, dessen Aussehen dem eines Punks gleicht. Heutzutage werde man schon als Punk bezeichnet, wenn man der Bekleidung oder Frisur nach nicht der Norm entspreche. Doch Punk zu sein bedeute mehr als das. "Punk ist keine Modeerscheinung oder Musikrichtung - Punk ist eine Lebenseinstellung!", betont Kurtl, während er sich auf einer Bank im Grazer Stadtpark breitmacht. Verwässerte Nachahmungen "Momentan gibt es keine richtige Punk-Gruppe in Graz. Viele ahmen die Punks von früher nach, wissen aber gar nicht, worum es geht", meint die 18-jährige Clara, deren Brüder der Punk-Szene angehören. Sich selbst ordnet Clara keiner bestimmten Gruppe zu: "Ich sehe mich als Mischung verschiedener ideologischer Ansichten." Auch Kurtl möchte sich nicht Punk nennen, da dieser Begriff durch viele oberflächliche Nachahmungen schon verwässert und überstrapaziert sei. "Ich bin ein eigener Mensch und bezeichne mich als gar nix." Jugendliche, die einzig den Kleidungsstil von Punks nachahmen, findet er arrogant. Willi hingegen, schwärmt Kurtl, der sei ein "richtiger" Punk: "Willi ist ein 45-jähriges Berliner Urgestein. Der hat was erlebt. Er hat in Berlin in vielen besetzten Häusern miterlebt, wie Punk in Deutschland entstanden ist. Willi sieht aus und denkt wie ein Punk!" Auch Kurtls Aussehen soll einen inneren Aufschrei symbolisieren: "In unserer Gesellschaft geht in Bezug auf Sozialstaat und rechte Parteien viel zu viel schief." Der 15-Jährige ist bei Demos und Häuserbesetzungen in Graz aktiv. Parteipolitisch sei er nicht konkret orientiert, doch "eigentlich bin ich ein Pogo-Anarchist". Die Alpine Pogo-Partei steht unter anderem für das Recht auf Arbeitslosigkeit. Kurtl und die anderen Jugendlichen haben von den Grazer Ex-Punks, den "Bunten", gehört, deren Haus abgerissen werden soll und die nach einer neuen Bleibe suchen. Die Jugendlichen des Grazer Stadtparks sind sich einig: "Es ist gemein, dass die Punks keine Erfolge bei ihrer Herbergssuche haben. Aber auch verständlich. Welcher Erwachsene möchte schon Punks als Nachbarn?" Eine der Schülerinnen widerspricht dem und erzählt von einem ehemaligen Mitschüler. "Der bezeichnete sich als Punk und war so gekleidet, aber er war gut in der Schule und hat ein völlig normales Leben geführt." Wenigstens würden Punks sich - im Gegensatz zu anderen Jugendsubkulturen wie "Krocha" - nicht einzig über ihr Outfit definieren, sondern eine nachvollziehbare Ideologie haben, meinen die befragten Jugendlichen aus Graz. (Christine Drechsler/Die Autorin ist Schülerin des BG/BRG Leoben Neu/DER STANDARD, Printausgabe, 20. Mai 2008)