Wien – Manchmal ist es wirklich nicht lustig, Kanzler zu sein. Da sitzt nun die eigens aus Deutschland angereiste Auslandspresse im Kanzleramt, und Alfred Gusenbauer hätte eigentlich nur EURO-Frohbotschaften für die Weltöffentlichkeit: Alles im Zeitplan, Kooperation mit der Schweiz hervorragend. Und vor allem: Die Westautobahn ist während des Turniers – vermutlich zum ersten Mal seit Menschengedenken – baustellenfrei.

Aber diese Journaille! Den Bonner Generalanzeiger interessiert Gusenbauers schöne EURO gar nicht, er will wissen, wie sich der Inzestfall von Amstetten auf die österreichische Psychohygiene auswirkt. Der Kanzler berichtet vom neuen Opferschutzgesetz und beteuert, dass Österreich ein sicheres Land sei. Doch auch der Kollege der dänischen Zeitung Berlingske Tidende lässt nicht locker. Wie könne es sein, dass man in Österreich einfach sage, in Amstetten sei am Behördenweg nichts falsch gelaufen? „Bitte jetzt aber wirklich eine Frage zur EURO“, drängt Kanzler-Sprecher Stefan Pöttler.

Und tatsächlich, der schwedische Rundfunk hat eine Fußballfrage: „Fußball ist ja sehr anstrengend. Sind die Österreicher so schlecht, weil sie ein Volk sind, das sich nicht anstrengen will?“ Man solle das österreichische Team nicht unterschätzen, antwortet Gusenbauer, das sei „bärenstark“. Vor allem das Spiel gegen Deutschland werde unter dem Motto stehen: „Córdoba is back“. Welche Spiele er im Stadion ansehen werde, wird er dann noch gefragt. „Alle der österreichischen Mannschaft“, meint der Kanzler. Da lachen die Gäste und einer ruft: „Also nur die drei Vorrunden-Spiele.“ (bau/DER STANDARD, Printausgabe, 21.5.2008)