Linz ist ein Pflaster der klaren Nüchternheit. ÖAMTC-Zentrale von Riepl Riepl Architekten.

Fotos: Tollerian

Das bevorstehende Jahr soll auch der Architektur ein Ansporn sein, nach mehr Qualität zu trachten. Einige spannende Projekte sind bereits im Bau.


Linz - Baustellen, so weit das Auge reicht. Bei den letzten Vorbereitungsarbeiten für Linz 2009 herrscht in der oberösterreichischen Landeshauptstadt Hochbetrieb. Das Linzer Schloss erhält einen futuristischen Südflügel, die Pöstlingbergbahn wird erneuert und bis zum Hauptplatz verlängert, und am gegenüberliegenden Donauufer wird bereits eifrig am neuen Ars Electronica Center (AEC) gebaut. Die Eröffnung ist für den 1. Jänner 2009 geplant.

"Das Kulturhauptstadtjahr 2009 ist für Linz eine Riesenchance", sagt der Linzer Planungsstadtrat Klaus Luger (SP), "wir haben nun endlich die Chance, Gestalt zu bekennen und auf uns aufmerksam zu machen." Nötig sei dies allemal. Bis Mitte der Achtzigerjahre, so Luger, sei Linz ein weißer Fleck auf der kulturellen Landkarte gewesen. Viele problematische Projekte des 20. Jahrhunderts, beispielsweise das Wohnhochhaus Lentia in Urfahr, prägen das Stadtbild bis heute. Luger: "Bauliche Sündenfälle passieren nun einmal von Zeit zu Zeit, aber sie müssen sich nicht unbedingt wiederholen."

Roter Faden fehlt

"Linz 2009 kommt wie gerufen", sagt Bettina Brunner vom Linzer Büro x architekten, "denn was die kulturelle Auseinandersetzung und die Qualität der Architektur betrifft, war Linz bisher eine Provinzstadt." In der Vergangenheit sei man für architektonische Fragen einfach nicht sensibel genug gewesen. "Ich denke nur an den Wissensturm beim Bahnhof. Das Projekt wurde in den Medien und in der Bevölkerung auf- und abgefeiert. Doch die Wahrheit ist: Dieser Turm ist nur hoch und sonst nichts", kritisiert Brunner. Angesichts von Linz 2009 sei man endlich dazu gezwungen, nicht nur hohe Häuser, sondern auch hohe Qualität abzuliefern. "Das Wichtigste ist ein roter Faden, der sich durch die ganze Stadt durchzieht. Das hat bisher gefehlt."

Die Chancen für eine nachhaltige Entwicklung stünden jedenfalls gut. "Oberösterreich hat in den letzten Jahren eine rege Architekturszene entwickelt", erklärt Roland Gnaiger, Architekt und Leiter der Architekturausbildung an der Kunstuniversität Linz, "auch in Linz tut sich einiges, wenngleich sehr auffällig ist, dass weder lokale Architekturbüros noch internationale Architekten wirklich zum Zug kommen." Meist seien es Architekturbüros aus dem restlichen Österreich, die in Linz mit den großen Projekten beauftragt werden. Gnaiger fordert: "Einerseits mehr Lokalkolorit und andererseits mehr Spitzenarchitektur aus dem Ausland. Das gute österreichische Mittelmaß gibt es schon zu genüge."

Die jüngsten Debatten in Linz drehen sich rund um die Passivhochhäuser "Am Linzer Stadtpark" des Wiener Architekten Adolf Krischanitz. Die vier Wohnhäuser sollen ganz ohne Heizung auskommen, die Betriebskosten sollen damit auf ein absolutes Minimum reduziert werden. Beliebt sind die Türme - ursprünglich waren es noch fünf gewesen - nicht bei allen. "Linz braucht keine Wohnsilos", wettert VP-Planungssprecher Peter Sonnberger gegen die Absicht der regierenden SPÖ (der Standard berichtete).

Passiert ist schließlich das, was in Linz schon oft der Fall war: Es hat sich eine Bürgerinitiative gebildet, die das Projekt stoppen will. "Ja, das hat Tradition", gibt sich Kunstuniversitätsprofessor Gnaiger verärgert, "Bürgerbeteiligungen und Volksabstimmungen werden in Linz niemals zum Guten verwendet, sondern immer nur in böser Absicht." Gnaiger verweist auf das einst geplante Musiktheater an der Donau. Mit medialer Unterstützung der Kronen Zeitung gelang es der FPÖ damals, das Projekt trotz fortgeschrittenen Planungsstadiums in Form einer Volksbefragung zu Fall zu bringen. 60 Prozent hatten mit Nein gestimmt. "Und damit befindet sich die Architektur in Linz immer in der Defensive, niemals in der Offensive. Genau aus diesem Grund ist das Kulturhauptstadtjahr so wichtig", sagt Gnaiger. (Wojciech Czaja / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 30.5.2008)