Wien - Mit einem Punktesystem nach kanadischem Modell für zuwanderungswillige Arbeitskräfte will die Wirtschaftskammer Österreich dem erwarteten Anstieg des Facharbeitermangels begegnen.

Österreich könnten bis 2010 je nach Wachstum (von 1,7 bzw. drei Prozent) 250.000 bis 600.00 qualifizierte und hochqualifizierte Arbeitskräfte fehlen, erklärte der stellvertretende Generalsekretär der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), Reinhold Mitterlehner, unter Berufung auf eine - auf österreichische Verhältnisse umgerechnete - deutsche McKinsey-Studie.

Eine Ursache für den drohenden Fachkräftemangel sei die demografische Entwicklung. So werde der Anteil der Arbeitskräfte zwischen 15 und 29 Jahren von derzeit 25,7 Prozent bis 2020 auf 23,8 Prozent sinken und der Anteil der 30- bis 44-Jährigen von 41 auf 36,9 Prozent zurückgehen. Der Anteil der über 45 Jahre alten Arbeitnehmer werde hingegen von 33,2 auf 39,3 Prozent steigen.

Qualifizierungsproblem

Österreich sei zwar bereits ein Einwanderungsland, habe aber ein Qualifizierungsproblem bei Migranten, da die Zuwanderung vor allem auf Basis der Familienzusammenführung erfolge, nannte Mitterlehner einen weiteren Grund. Das Beschäftigungswachstum finde aber bei qualifizierten Berufen statt. Dem drohenden Engpass am Arbeitsmarkt sei kurzfristig nur durch die baldige Aufhebung der Übergangsbestimmungen oder zumindest die quartalsweise Anpassung und Ergänzung der Fachkräfteverordnung zu begegnen, sagte Mitterlehner.

Bereits ab 2010 könnte aber ein Punktesystem ähnlich dem kanadischen "realistisch sein". Jeder Interessierte könnte sich dann via Internet über seine Chancen auf einen Arbeitsplatz orientieren. In Kanada würden maximal 100 Punkte vergeben (25 für Bildung, 24 für Beherrschung der Landessprache, 21 für Berufserfahrung, je zehn für das Alter, einen Arbeitsplatz und für Anpassungsfähigkeit), mindestens 67 müssen erreicht werden, so Mitterlehner.

Die Fachkräfteverordnung, die den heimischen Arbeitsmarkt für 50 Berufsgruppen (darunter Maurer, Kfz-Mechaniker, Elektroinstallateure, Fleischer, Lokomotivführer, Köche) geöffnet hat, habe bis Ende April 1684 Arbeitskräfte nach Österreich gebracht. Ein Drittel davon sei auf den Bereich Gastronomie/Tourismus entfallen. Derzeit werde über neun weitere Berufsgruppen verhandelt. 80 Prozent der heimischen Betriebe würden derzeit Fachkräfte suchen. (kol, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 4.6.2008)