Wie ein Chamäleon lauert das Dekor bei Birgit Knoechl schattenwerfend in der Ecke.

Foto: das weisse haus

Okay, sie sind Mr. Loose nicht wirklich begegnet, wurden aber mit seinem Erbe konfrontiert. Und eigentlich hieß der Mann nicht Loose, sondern Loos - Adolf Loos, aber das Englische verdeutlicht einfach so schön dessen Sich-Losreißen vom Ornament, sein symbolisches Lösen ganzer Fenstersimse, die er Kaiser Franz Joseph am Michaelerplatz vor die Füße warf.

Jedenfalls sind die beiden kanadischen Curators in Residence des weissen hauses, Meredith Carruthers & Susannah Wesley, dem Verbrechen des Ornaments während ihres zweimonatigen Wien-Aufenthalts nicht ausgekommen. Die Biester der Vergangenheit im Kleid von Interieurs und Fassaden haben sich auf die Gegenwart geworfen, den Blick auf anderes infiziert. Dem Umstand, dass sich letztendlich das, was Loos als überflüssig und unangemessen verbannte, mit anderen Vorzeichen in den Ateliers wiederfand, verdanken wir die Ausstellung "Darkling Eclipse". Loos und die Symbolisten - also die "Dreamers of Decadence" und "Dorian Gray" - im Hinterkopf, zeichnen die Kuratorinnen die dunkle Seite des Ornaments nach und spüren das "Dekor" als verbergendes oder auch wandelndes Phänomen auf.

Wie ein Chamäleon lauert es bei Birgit Knoechl bedrohlich in der Ecke oder wirft vieldeutige Schatten an die Wand. In Stacey Watsons "1/3 Gate" markiert es die Grenze zwischen den Individuen: Scheinbar sinnlos agieren zwei Personen dies- und jenseits eines verschwenderisch ornamental gestalteten Tors. Als Maske taucht das Ornament in Faith La Rocques "She-wolf" auf. Das Schemenhafte verstärkt den Gruselfaktor. Auf eher entblößende Art, nichtsdestotrotz unheimlich kriecht es bei Luke Painter als "Neck Brace", die zu schmücken vorgibt, aber zu würgen vermag, in die Gesichter. Womöglich aber ein in Besitz genommener Schädel, eine Liebestrophäe. (kafe / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 5.6.2008)